Nocturnal Animals

Galeristin Susan (Amy Adams) hat, zumindest auf den ersten Blick, ein tolles Leben. Attraktiv, erfolgreich, glücklich verheiratet, gut situiert, ein riesiges Haus mit Personal. Trotzdem wirkt sie nicht glücklich. Im Gegenteil, eine gewisse Tragik und Melancholie scheinen sie zu jeder Zeit zu begleiten. Eines Tages erhält sie das Manuskript eines Romans, den ihr Ex-Mann und Jugendliebe Edward verfasst und ihr gewidmet hat. Schon zu ihrer gemeinsamen Zeit hatte Edward Schriftstellerambitionen, an die, Susan, auch aufgrund der Einflussnahme ihrer Mutter, nie richtig geglaubt hat. Sie beginnt, das Buch zu lesen und dessen Handlung wird zur zweiten Erzählebene des Films. Ein Mann namens Tony (Jake Gyllenhaal) ist nachts mit Frau und Tochter auf einer Landstraße unterwegs, als sie von Rowdies abgedrängt werden. Zunächst noch vermeintlich hilfsbereit, endet die Nacht damit, daß Tony in der Wüste ausgesetzt und seine Frau und Tochter verschleppt werden. Später werden Frau und Tochter tot aufgefunden. Ein Jahr vergeht ohne eindeutige Überführung der Täter. Schließlich ermutigt der todkranke Texas Ranger Bobby (Michael Shannon) Tony dazu, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen. Susan ist derweil zwar von der Gewalt in Edwards Roman schockiert, muß aber dessen schriftstellerische Qualität anerkennen. Sie versucht, wieder Kontakt zu Edward aufzunehmen und ahnt nicht, welche Verknüpfung zwischen der Romanhandlung und ihrer Beziehung zu Edward besteht.

Schon seltsam, da beschließt ein ehemaliger Mode-Designer als Quereinsteiger Filme zu machen und schultert gleich noch Drehbuch, Produktion und Regie. Und am Ergebnis können sich ein paar andere Thriller-Regisseur durchaus eine Scheibe abschneiden. Nocturnal Animals ist erstaunlich versiert, optisch ansprechend und stilsicher inszeniert. Der Film versammelt ein potentes Schauspieler-Ensemble, bis in die Nebenrollen, vor der Kamera. Zuweilen führt der Film sogar auf falsche Fährten. Denn die Stimmung macht einen als Zuschauer glauben, gleich könnte auch ein Mystery-Man um die Ecke kommen oder Amy Adams spricht zu sich selbst über die Gegensprechanlage.

[amazon_link asins=’B01MQXXU8A‘ template=’ProductAdRight‘ store=’nischenkino-21′ marketplace=’DE‘ link_id=’7e58047e-0bd0-11e7-bfb3-59eb7fbd647d‘]Aber man bleibt dann doch auf dem Boden der Tatsachen und wird Zeuge eines Beziehungsdramas und Rache-Thrillers in einem. Geschick beweist Regisseur Tom Ford (A Single Man) auch im Umgang mit den verschiedenen Handlungsebenen und den Querverweisen dazwischen. Obwohl der Film grundsätzlich zu mehr als einer Sichtung einlädt, arbeitet er ja trotzdem auf eine, nennen wir es mal, Schlusspointe hin. Und wenn man die einmal kennt, ist ein klein wenig die Luft raus. Eine löbliche Ausnahmeerscheinung ist Nocturnal Animals auch dadurch, dass man ihm anmerkt, hier hat sich jemand ein paar Gedanken gemacht und kein reines „Wohlfühl-Kino“ abgeliefert. Sollte mal wieder zur Regel statt Ausnahme werden. 8/10

Andrew Woo

"You don't butt in line! You don't sell drugs! You don't molest little children! You don't profit off the misery of others! The rules were set a long time ago! They don't change!"