Not Quite Hollywood

Manches passt wie die Faust aufs Auge zur Mission dieser Website. Nischenkino hat in gewisser Weise einen Bildungsauftrag, will heißen wir schreiben hier gerne über Filme von denen wir denken sie sollten (wieder) von mehr Menschen gesehen werden. Eines meiner Lieblingsthemen ist das Australische Kino. Als ich kürzlich die Frühwerke von Peter Weir für mich entdeckt hatte (siehe Peter Weir Collection Kritik vor einiger Zeit hier im Blog) wurde ich umso mehr neugierig, noch mehr australische Filme für mich zu entdecken. Klar dass ich Mad Max kenne, oder Crocodile Dundee (das aber nicht wirklich australisch), und zu meinem Stolz habe ich auch schon The Man from Hong Kong gesehen, aber da hört es dann auch schon auf. Dass ich damit im oberen Durchschnitt der Cineasten mit Kenntnis des australischen Films liege ist eine Schande. Umso besser dass es seit einiger Zeit den Dokumentarfilm “Not Quite Hollywood” gibt.

Turkey ShootIn knapp 100 Minuten liefert Mark Hartley einen spaßigen Streifzug durch die Anfänge des australischen Genrekinos ab, der es in sich hat. Es handelt sich hier um eine Doku die Spaß macht, informiert und diesen Filmen die notwendige Ehre bietet die ihnen gebührt. Immerhin tummeln sich unter den unzähligen trashigen und nicht ganz so trashigen Produktionen auch eine ganze Reihe wegweisender, einflussreicher und kulturell einzigartiger Kinowerke, die viel zu wenig Menschen bekannt sind. Unterstützt von jeder Menge Archivmaterial und reihenweise Interviews mit Schauspielern,Produzenten, Fans (darunter Quentin Tarantino), Regisseuren und Zeitzeugen, erzählt Not Quite Hollywood von den wilden 60ern und 70ern als die Genrekino Kultur gegen die australische Zensur rebellierte und erfolgreiche Hippiefilme in die Kinos kamen, mit denen es manche bis nach Hollywood schafften. Es war eine revolutionäre Zeit (Vietnam, Frauenrechte, Atomtests, etc.) und das war der Nährboden für eine Kontrakultur die sich in Autokinos und Nachtleben manifestierte, gefüttert von jeder Menge ungezähmter Filmemacherei die sich nicht an die Konventionen halten wollte, und ähnlich wie Jahre zuvor schon in den USA mit den New Hollywood “bad guys” (z.B. Dennis Hopper, der auch nach Australien geholt wurde) die Branche auf den Kopf stellten, bis letztendlich auch internationale Erfolge drin waren. Einer der bekanntesten Erfolgsstories ist sicherlich Mad Max, aber auch Nicole Kidman‘s Anfänge sind bei BMX Bandits zu verorten. Es geht weiter ins Action Kino, wo die Australier mit zu den Kings zählen wenn es um Verfolgungsjagden geht. Damalige Highlights waren natürlich Kung Fu Filme, so zählt “The Man from Hong Kong” zu den herausragenden Einträgen der australischen Kinogeschichte, bringt der Streifen doch James Bond George Lazenby mit Chop-Socky Legende Jimmy Wang Yu zusammen vor die Kamera. Aber auch jede Menge Horror, Slasher und Mystery Filme wurden gemacht, viele davon stark beinflusst von Hitchcock oder dem Erfolg von Halloween. Besonders interessant in der Dokumentation sind auch die Geschichten rund um die Stunts, die waghalsigen Drehmethoden, die Landschaft und die Cliches.

Not Quite HollywoodNot Quite Hollywood möchte ich ganz speziell jedermann ans Herz legen der einen Funken Neugierde in sich hat um etwas Ozploitation Luft zu schnuppern. Ozploitation ist Exploitationkino OZ Style, also von Aussies berühmt gemachte Filme die nicht nur Cineasten-Kings wie Quentin Tarantino stark beinflusst haben, sondern auch ihre Spuren im Mainstream Kino z.B. bei Peter Weir hinterlassen haben. Heute kommt der australische Film langsam wieder stark zurück, nicht nur entdeckte Hollywood schon in den 80ern die Landschaften wieder für sich, in letzter Zeit lebt dort auch die Genrefilm Szene wieder auf, und wie in der Doku angedeutet besteht die Hoffnung dass der Geist von Ozploitation weiterlebt in einer jüngeren Generation von Filmemachern die den Spass, die Waghalsigkeit, die Liebe zur Leinwandunterhaltung und zum Filmemachen unter erschwerten Bedingungen wieder hochleben lassen.

Not Quite Hollywood gibt es, zumindest importiert, auf DVD mit einer Reihe kleiner Extras, darunter die Langfassung des Gesprächs zwischen Brian Trenchard Smith und Quentin Tarantino, sowie einem Diskussionspanel und einem Interview mit dem Regisseur. Dazu gesellen sich eine ganze Reihe Filmtrailer. Kaufempfehlung, muss man gesehen haben! Das ist wahre Filmbildung!

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Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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