The (Silent) War – Der Gejagde

The Silent War

Sordo, international als The (Silent) War (in Deutschland mit dem Nebentitel „Der Gejagte„) bekannt, ist ein spanisches Historiendrama von 2019.

1944 dringen republikanische Guerilla von Frankreich aus in das vom Franco Regime regierte Spanien ein, in der Annahme, weitere Truppen würden bald sich einer Invasion anschließen und dabei helfen, das Regime zu stürzen. Wenn man Frankreich von den Nazis befreien könne, dann ja wohl auch Spanien von den eigenen Faschisten. Die Operation scheiterte kläglich (Blick in die Geschichtsbücher). Anselmo (Asier Etxeandia) und eine kleine Gruppe von Guerilla dringen also im Oktober 1944 über die Pyrennäen in Spanien ein und versuchen eine Brücke zu sprengen. Das geht leider schief und nur er und sein Kommandant Vicente (Hugo Silva) kommen lebendig davon. Er mit irreparablen Trommelfell-Schäden von der Explosion: er ist taub. Sein Kommandant wird verletzt und gefangen genommen. Fortan ist der in den Wäldern auf der Flucht vor den Regierungstruppen unter dem befehl des ruchlosen Capitan Bosch (Aitor Luna). Die verhören seinen Kommandanten in deren Heimatdorf, und setzen dort auch seine Frau Rosa (Marian Alvarez) und Tochter unter Druck. Als das nicht hilft, heuern sie auch eine russische Scharfschützin an. Es wird ein Kampf um Leben und Tod….

The Silent War

Die Geschichte dürfte Hemingway-Kennern aus seinem Roman For Whom the Bell Tolls bekannt vorkommen. Meine Kenntnisse der spanischen Geschichte sind zu dürftig um zu beurteilen wie akkurat der Film ist. Sordo trägt teilweise etwas dick auf, leistet sich so manche Oberflächlichkeit in der Darstellung der Charaktere und (wenn man diversen Kritiken spanischsprachiger Autoren so überfliegt) nimmt es auch in der Tat meist nicht ganz so genau mit den historischen Fakten. Die Guerillas sind die guten, die Soldaten die Bösen, beide werden überspitzt dargestellt, teilweise ein wenig wie Karrikaturen. Dazu kommt, dass der Film Stil über Substanz fährt: der Film sieht sehr gut aus, nimmt sich heftige Anleihen aus dem Italowestern, der Soundtrack klingt streckenweise wie eine Billigversion eines Morricone-Score und manche Szenen sind von Ford oder Tarantino abgekupfert. Soweit so gut. Wo der Film stark ist, ist in der Darstellung der Zerrissenheit der Gesellschaft – es ist immerhin ein Bürgerkieg. Was ist nur aus uns geworden, fragt eine Frau Anselmo, die gerade aus Angst um ihr Leben einen Soldaten belügen musste den sie kennt seit dem Kindergarten. Das Franco Regime war eine widrige faschistische Diktatur, die Familien zerrissen, Dörfer gespalten und ganze Landstriche für immer verändert hat. Hier hätte der Film sogar etwas nachlegen können, um es vor allem den nicht-spanischen Zuschauern klarer zu machen.

The Silent War

Die Action-Szenen sind allemal okay, mit guten Schießereien, ein paar eher plump inszenierten Verfolgungsjagden zu Pferd und dazwischen viel Ruhe und Landschaften. Richtig schlecht sind meines Erachtens drei Aspekte geraten: zum einen die Darstellung des Bösewichts, eine Art spanischer Schmalspur- Hans Landa. Dann gibt es noch eine schon vielfach monierte, völlig überflüssige Vergewaltigungsszene, die nicht nur garstig ist, sondern auch überhaupt zur Story nichts beiträgt, nur Fragezeichen aufwirft und einfach seltsam ist. Drittens ist das Drehbuch zu übertrieben: irgendwer stellte wohl fest, dass auch russische Söldner in dem Konflikt aktiv waren, und dann musste in bester James Bond Manier noch eine durch und durch böse russische Scharfschützin in die Story, total überflüssig.
The Silent War

Stark ist generell das Setting. Für Spanien eine Art von Zwischenkriegsphase, eine nicht wirkliche „Ruhe“ nach dem Bürgerkrieg und gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Es war eine verzweifelte Phase in der Geschichte des Landes, bei der Hoffnungen hart zerschellten am Griff des Regimes über die nicht-mehr-Republik, ein Regime das bis in die späten 70er erhalten bleiben würde. Ohne den geschichtlichen Hintergrund zu kennen wird für den Zuschauer lediglich ein spannender Survival-Thriller aufgespannt, aber mit nur ein klein wenig Hintergrundwissen wirkt die Zerrissenheit der Gesellschaft und die Kulisse des Konflikts gleich sehr viel lebendiger und dramatischer. Es hilft der relativ hohe Produktionswert (in Spanien lief der Film immerhin in den Kinos), die sehr soliden schauspielerischen Leistungen und das gute Costume Design.
The Silent War

Ingesamt ist The (Silent) War ein recht solider Historienfilm, mit unnötigen Längen in der zweiten Hälfte, ein paar bedauernswerten Drehbuch-Schnitzern und guten Schauwerten. Es gibt in dem Genre sicherlich noch mehr zu entdecken, aber was das aktuelle spanische Kino angeht, ist das schon ein recht solider Beitrag. Ich für meinen Teil jedenfalls habe mich nicht gelangweilt und fand den Film teilweise sogar recht fesselnd, wenn auch unterm Strich ein wenig platt. Hinterher habe ich eine gute Stunde auf Wikipedia zugebracht um (auch für diese Kritik) ein wenig dazu zu lernen. Auch das ist ein angenehmer Effekt eines solchen Films

Die BluRay von Koch Films bietet sehr gutes Bild mit nur wenigen Abstrichen (teilweise beim Kontrast, teilweise bei der Bildkompression), und ziemlich krachenden und dynamischen Ton, der auch in den leisen Szenen noch gute Räumlichkeit bietet. Es gibt optionale deutsche Untertitel und natürlich auch eine deutsche Synchronfassung (nicht getestet). Spanische Untertitel gibt es leider nicht. Als Extras gibt es nur die Trailer und einige Storyboard-Sequenzen.

Bei Amazon kaufen oder bei Prime gucken (nicht im Paket)

Silent War BluRay

Die BluRay wurde uns freundlicherweise von Koch Films zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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