Die Nacht der rollenden Köpfe / Passi di danza su una lama di rasoio / Death Carries a Cane

Ketty Jansen wird Zeugin eines grausamen Mordes. Obwohl Ihr Verlobter sie bittet, sich nicht einzumischen, meldet sie abends das Geschehene der Polizei. Dort war bereits die Meldung über ein weiteres Mädchen mit aufgeschnittener Kehle eingegangen. Schlag auf Schlag folgen weitere Morde. (Cineploit Records)

Die Nacht der rollenden Köpfe enthält zwar ein paar denkwürdig fiese Mordsequenzen, darüber hinaus handelt es sich hierbei jedoch eher um einen Film, der sich ausschließlich an den typischen Merkmalen des „klassischen“ giallo orientiert. Der Streifen verpflichtet sich eindeutig Dario Argentos gialli, wobei es Regisseur Maurizio Pradeaux nicht gelingt dem Stoff den gleichen Stil und das gleiche Flair zu verleihen. Wieder einmal wird eine Figur Zeuge eines Mordes, doch die Polizei und sogar der Freund der Frau glauben ihr nicht und geben sich ihr gegenüber eher skeptisch. Dieser abgedroschene Plot hätte vielleicht ein bisschen besser funktionieren können, wenn sich der Dummkopf von Inspektor dazu entschlossen hätte, auf Nummer sicher zu gehen und sofort gründliche Nachforschungen anzustellen! Die Liste der Ablenkungsmanöver wächst exponentiell, der Spannungsanteil erweist sich allerdings als eher gering. Die Charaktere sind langweilig angelegt, die Dialogszenen ziehen sich eine Ewigkeit hin und auch die generelle Inszenierung ist nicht als besonders interessant zu bezeichnen.

Der Mangel an Inspiration erstreckt sich auch auf die Darstellung des Mörders, der in der üblich übertriebenen Aufmachung schwarzer Kleidung sowie einem übergroßen schwarzen Hut präsentiert wird. Warum jemand so gekleidet durch die Straßen Roms streifen sollte, ohne auf sich aufmerksam machen zu wollen, wenn der nächste Mord begangen werden will, lässt sich sicherlich diskutieren. Diese Aufmachung des Mörders gibt es zugegebenermaßen auch in vielen anderen Thrillern zu sehen, kommt im richtigen Kontext sowie einer angemessenen Präsentation jedoch nicht so aufsehenerregend und over-the-top rüber, wie hier. Die Nacht der rollenden Köpfe gestaltet sich recht langweilig, während man vergeblich darauf wartet, dass irgendetwas Originelles passiert. Die eher lustlos aufspielende Besetzung trägt auch nicht gerade zur Qualität des Films bei. Die schöne Nieves Navarro (als Susan Scott aufgeführt) hatte in so farbenfrohen gialli wie Le foto proibite di una signora per bene (Frauen bis zum Wahnsinn gequält, 1970), La morte cammina con i tacchi alti (Der Tod küsst Dich um Mitternacht, 1971) und La morte accarezza a mezzanotte (Die eiserne Hand des Todes, 1972) sehr anständige Arbeit für ihren Ehemann Luciano Ercoli abgeliefert, doch hier scheint sie nicht in ihrem Element gewesen zu sein.

Sie hat ein paar nette Nacktszenen spendiert bekommen, wird im Allgemeinen aber zugunsten des langweilenden Robert Hoffmann ins Abseits gedrängt, der ihren hinkenden Freund spielt. Hoffmann agiert so hölzern, wie gewohnt, während es ihm zu keiner Zeit gelingt die Figur des Alberto so anzulegen, sodass man sie wertschätzen könnte. Italo-Western-Veteran George Martin (aka Francisco Martínez Celeiro) schlafwandelt in seiner Rolle als Inspektor Merughi nur so durch den Film, wobei sich sein mangelndes Interesse kaum erklären lässt, da er ja an der Ausarbeitung des Drehbuchs beteiligt gewesen ist. Simón Andreu, ein häufiger Co-Star von Navarro, liefert als aufstrebender Musiker, der ebenfalls in die Mordserie verwickelt zu sein scheint, eine ordentliche Leistung ab, doch insgesamt tritt hier wirklich niemand in Bestform auf. Ein Großteil der Verantwortung für die Qualität des Films liegt beim Regisseur/Co-Autor Maurizio Pradeaux, der 1931 in Rom geboren wurde und Anfang der 1960er Jahre seine Karriere beim Film als Produktionsassistent begann.

Ab Mitte der 60er Jahre startete er damit Drehbücher zu verfassen sowie eigene Filme zu drehen. Er ist als ein Schundliterat zu beschreiben, der sich ohne Anzeichen eines eigenen charakteristischen Stils mit durchschnittlichen Ergebnissen an populären Genres versuchte. Er drehte Kriegsfilme wie I Leopardi di Churchill (Churchills Leoparden, 1970), Italo-Western wie I senza Dio (Rache in El Paso, 1972) und gialli, die alle den gleichen Mangel an Singularität innehaben, wie Die Nacht der rollenden Köpfe. Nach Passi di morte perduti nel buio (Ladykiller: Ihre Brüste wackelten im Todestakt; was ein Titel 🙂 ) von 1977 kam Pradeaux‘ Karriere für einige Jahre zum Stillstand, doch mit dem Grenzgänger-giallo Thrilling Love (1989) kehrte er zum Film zurück. Dieser Streifen bleibt sein bisher letztes Werk. Pradeaux‘ uninspirierte Herangehensweise kommt in jeder Szene des besprochenen Films deutlich zum Vorschein. Seine Regieführung kommt zwar nicht so vollkommen hoffnungslos rüber, wie bei seinen Kollegen Demofilo Fidani oder Bruno Mattei bei ihren schwächsten Werken, sein Mangel an Vorstellungskraft schadet Passi di danza su una lama di rasoio jedoch schon sehr. Trotz aller Kritik handelt es sich hier um keinen richtig schlechten giallo, denn der Film hat – neben seinen überwiegend abgedroschenen – auch einige (wenige) ansprechende Aspekte zu bieten. Liebhaber des filone dürften trotz Alledem auf ihre Kosten kommen, wenn auch aus anderen Gründen, als den intendierten.

Ausstattung und Besonderheiten:

  • Weltweite 2K Blu-Ray Premiere von aufwendig restauriertem 4K Master
  • Featurette Österreicher in Italien über 70 Minuten lang! (Deutsch / Englisch)
  • Einführung von Mark Thompson Ashworth (Deutsch / Englisch)
  • Hardcover Mediabook mit partieller Veredelung
  • 28 Seiten Booklet mit einem Essay von Udo Rotenberg in Deutsch und Englisch, veredelt mit internationalem Werbematerial.
  • Doppelseitiges Poster mit zwei italienischen Postermotiven.
  • 3 verschiedene Covervariationen mit zwei italienischen Postermotiven und dem deutschen Kinoplakat in einer nummerierten & limitierten Auflage von 500/500/500 Stück.

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Seitenverhältnis: ‎16:9 – 1.85:1, 16:9 – 1.77:1
Alterseinstufung:‎ Nicht geprüft
Regisseur: Pradeaux, Maurizio
Laufzeit:‎ 1 Stunde und 31 Minuten
Erscheinungstermin:‎ 2. April 2024
Darsteller: Andreu, Simon, Borgese, Sal, Borova, Anuska
Untertitel: ‎Deutsch, Englisch
Sprache: ‎Italienisch (DTS-HD 2.0), Englisch (DTS-HD 2.0), Deutsch (DTS-HD 2.0)
Studio:‎ Cineploit Records

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Maurizio Pradeaux‘ Die Nacht der rollenden Köpfe (auch bekannt unter dem Titel Passi di danza su una lama di rasoio) ist ein sensationell „trashiger“ und lustiger giallo aus dem goldenen Zeitalter des Genres der frühen 70er Jahre und bietet eine ununterbrochene Flut von Sex und Gewalt, alles innerhalb der Grenzen eines cleveren Krimi. Mit Nieves Navarro (Der Tod küsst Dich um Mitternacht), Robert Hoffmann (Spasmo), Simón Andreu (Frauen bis zum Wahnsinn gequält) und Rosita Torosh (Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe).Vinegar Syndrome freut sich, dieses wahnsinnig schäbige, untergegangene Juwel als Blu-ray-Weltpremiere mit einer neuen 4K-Restaurierung des 35-mm-Kameranegativs, sowohl in der italienischen, als auch in der englischen Originalfassung zu präsentieren. (Vinegar Syndrome)

Additional info:

  • Region Free Blu-ray
  • Newly scanned & restored in 4K from its 35mm original camera negative
  • Presented in its original Italian mono soundtrack with optional English – subtitles as well as its English mono dub soundtrack
  • Commentary track with film historians Eugenio Ercolani, Troy Howarth and Nathaniel Thompson —> der AK ist mal wieder als sehr gelungen zu bezeichnen. Nur ist die Tonspur des AK an einer Stelle wohl übereinander gelegt worden..?
  • „A Life in the Suite“ – an interview with editor Eugenio Alabiso
  • Promotional still gallery
  • Inside sleeve artwork
  • Newly translated English subtitles

Die Screenshots stammen von Vinegar Syndrome !!!

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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