Der Schrei des gelben Adlers / Leng xue shi san ying / The Avenging Eagle

Die Familie verlässt man nicht. Dieses ungeschriebene Gesetz bekommt Chi Ming-Sing am eigenen Leib zu spüren. Er ist Mitglied der Bruderschaft der 13 Adler. Die Bruderschaft ist eine Vereinigung von Waisenkindern, die durch den despotischen Kung-Fu Meister Yoh Xi-Hung zu brutalen Killern und Räubern erzogen wurden. Bei einem Raubzug wird Chi Ming-Sing im Kampfgemenge zurückgelassen und schwer verwundet. Fremde nehmen ihn bei sich auf und während er wieder zu Kräften kommt, entscheidet sich Chi der Bruderschaft den Rücken zu kehren. Seine Brüder verspotten ihn dafür und Yoh Xi-Hung gibt den Befehl, den 13. Bruder für den Bruch ihrer Ideale zu bestrafen…mit dem Tod. Auf der Flucht trifft Chi einen geheimnisvollen Fremden, der sich mit ihm verbündet um ebenfalls mit Yoh Xi-Hung abzurechnen. Die beiden Männer ahnen nicht, welches schicksalhafte Ereignis sie in Wahrheit miteinander verbindet. (filmArt)

Mit Der Schrei des gelben Adlers kommt ein weiterer Martial-Arts-Film aus dem Hause Shaw Brothers daher, der sich mit dem Rachethema beschäftigt. Diesmal allerdings mit einer Wendung in der Mitte des Films, die man zwar schon lange vorher kommen sieht, aber aufgrund ihrer Bedeutung recht ansprechend ausgefallen ist. Zwei Stars der Shaw-Brothers-Studios führen eine großartige Besetzung an, wobei Ti Lung die Rolle des Schwarzen Adlers Chi Ming-Sing übernimmt, einem Mitglied der Bruderschaft der 13 Adler. Er gehört zu den besten Kämpfern der Adler, da er vom brutalen sowie machtgierigen Meister und Anführer Yoh Xi-Hung (Ku Feng) zu einem furchtlosen Killer herangezogen wurde, seitdem der ihn als junges Waisenkind aufgenommen hatte. Zu Beginn des Films befindet sich Chi auf der Flucht vor einigen anderen Mitgliedern der Bruderschaft und trifft so unterwegs auf einen Kerl, der sich „Der Einsame“ nennt (Alexander Fu Sheng) und ihm hilft sich seinen Widersachern entledigen zu können. Zwischen den Kämpfen erfährt die Zuschauerschafft via Rückblenden, warum Chi von seinen eigentlichen Kameraden gejagt wird und getötet werden soll: Er hat sich gegen seinen Meister sowie dessen Kodex gestellt und möchte lieber ein friedlicheres Leben ohne Töten führen.

Warum sich auch „Der Einsame“ an Yoh Xi-Hung rächen will, wird erst gegen Ende des Films enthüllt. Die beiden Männer schließen sich nun also zusammen, um der Bruderschaft der 13 Adler ein für alle Mal ein Ende zu bereiten, wobei der mysteriöse Fremde ein Geheimnis in sich birgt, was für Chi noch sehr gefährlich werden könnte, sobald sie den grausamen Bandenführer gemeinsam besiegt haben. Opernhaft. So lässt sich dieser Film am besten beschreiben. Die Geschichte könnte auch als Bühnenstück inszeniert werden. Durch die Rückblenden wird dem Publikum nach und nach Chis Schicksal offenbart und warum bzw. wie „Der Einsame“ in das Geschehen eingreift. Das alles lässt die finale Konfrontation umso aufregender werden, wenn Chi die wahre Motivation hinter den Aktionen des Fremden erfährt. Obwohl dies dem Publikum schon längst klar ist, wartet man dennoch gespannt darauf, wie Chis Reaktion nun ausfallen wird.

Ti Lung gelingt die Darstellung des einst verabscheuungswürdigen und nun gequälten Chi Ming-Sing hervorragend. Er ist bereit für seine Sünden zu büßen, hat aber gleichzeitig auch kein wirkliches Interesse daran sterben zu müssen. Hier handelt es sich zweifellos um eine von Ti Lungs besten schauspielerischen Leistungen, während Alexander Fu Sheng in vielerlei Hinsicht denselben Typ von Besserwisser spielt, den er öfters annähernd perfekt verkörpert. Doch hier hat sein Charakter einen dunklen Aspekt verpasst bekommen, der den meisten seiner gespielten Figuren vollkommen abgeht und noch zur allgemeinen düsteren Atmosphäre des Films beiträgt. Johnny Wang Lung-Wei mimt (wie immer) einen knallharten Kerl, hat hier aber nicht richtig viel zu tun und wird mehr oder weniger verschwendet. Die Kämpfe übernehmen den opernhaften Charakter der Geschichte, da es sich überwiegend um Martial Arts mit Waffen handelt, deren Ausführungen äußerst dramatisch rüberkommen. Der erste Kampf von Chi und „Der Einsame“ gegen ein paar Abgesandte der Adler ist sehr gut inszeniert worden und hat interessanter Weise einige Momente zu bieten, die kurz in einem Standbild verweilen.

Man kann sich nicht sicher sein welcher Effekt damit erzielt werden soll, doch diese Methode wird im Film nur wenige Male angewandt und beeinträchtigt keinen der Kämpfe wirklich ernsthaft. Das zweite große action-set-piece, in dem die Bruderschaft der 13 Adler die Stadt Yu Fai überfällt, ist von epischer Natur und exzellent choreographiert worden, da sich die verschiedenen Scharmützel durch die ganze Stadt ziehen, wobei sich die Kameraführung so einwandfrei gestaltet, sodass man bei dem ganzen Durcheinander kein einziges Mal den Überblick verliert. Der Höhepunkt dieser Sequenz besteht aus einer fantastischen Martial-Arts Auseinandersetzung zwischen Ti Lung mit seinem Three-section staff und einem Speerkämpfer. Diese Choreografie gehört zu den besten, die man jemals mit dieser Art von Waffen gesehen hat. Dick Wei kämpft großartig, wird hier von Fu Sheng aber so einfach und schnell besiegt, sodass man beinahe schon zu lautem Lachen animiert wird, wenn es dazu kommt. Alle kämpferischen Konfrontationen wurden erstklassig in Szene gesetzt und dienen außerdem dazu den Plot voranzutreiben, was den Hauptunterschied zwischen vielen Martial-Arts-Streifen aus Hollywood und denen der Shaw-Brothers-Studios ausmacht. Die Kämpfe sind hier Teil der Geschichte, ohne deren Ablauf zu unterbrechen, nur um mal wieder eine Kampfkunst-Sequenz einschieben zu können.

Keiner der Kämpfe enttäuscht, sie sind allesamt unglaublich gut geraten und beinhalten eine Vielzahl von Waffen, die in anderen Martial-Arts-Filmen zumeist keine große Rolle spielen. Bei Der Schrei des gelben Adlers fügt sich alles nahezu perfekt zusammen. Ti Lung und Alexander Fu Sheng verstehen es bestens in all ihren Kämpfen wirklich zu glänzen, während die Stuntarbeit als formidable zu bezeichnen ist und zu keiner Zeit unangemessen erscheint. Sogar die Todesszenen werden souverän und ohne jegliche Übertreibung gehandhabt. Ti Lung, Alexander Fu Sheng, Ku Feng und mit kleineren Abstrichen auch Dick Wei und Johnny Wang Lung-Wei befanden sich während dieser Shaw-Brothers Ära alle auf dem Höhepunkt ihrer Popularität. Der Schrei des gelben Adlers repräsentiert eine großartige Rachegeschichte mit absoluten Topleistungen von Ti Lung und Alexander Fu Sheng. Enorm empfehlenswert!

Die Nummer 13 der Shaw-Brothers-Collector’s-Edition ist endlich da !!! filmArt bringt Der Schrei des gelben Adlers in Form einer Blu-ray Veröffentlichung heraus, die wieder einmal über eine hervorragend saubere Bildqualität (2,35:1; 1080p) verfügt. Der Ton bietet mit der deutschen und der chinesischen zwei Spuren, die wirklich gut klingen. Hierfür können deutsche sowie englische Untertitel zugeschaltet werden. Als Extras beinhaltet die VÖ ein Artbook mit dem kompletten deutschen Aushangfotosatz des Films, eine Bildergalerie, eine Shaw Brothers Trailer-Show inklusive dem seltenen deutschen Trailer zu 5 Kämpfer aus Stahl, den deutschen Kinotrailer sowie einen Promo-Trailer. Die deutsche Langfassung kann auch in HD abgespielt werden. Ach ja, an ein Wendecover mit alternativem Covermotiv (deutsches Kinoplakat) ist ebenfalls gedacht worden. Sun Chung bringt dem geneigten Martial-Arts-Fan mit Der Schrei des gelben Adlers zwar keinen außerordentlich brutalen aber dafür emotional teilweise harten Kung-Fu-Film, der recht düster daherkommt und es bestens versteht mit absolut exzellenter Martial Arts zu überzeugen. filmArt präsentiert den Film erstmals in HD und bringt ihn erstmals offiziell (nach der VHS) in Deutschland in den Handel. Ungeschnitten!

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Seitenverhältnis: 16:9 – 2.35:1
Alterseinstufung: Nicht geprüft
Regisseur: Chung, Sun
Medienformat: ‎Breitbild
Laufzeit: 1 Stunde und 33 Minuten
Darsteller:‎ Lung, Ti, Fu Sheng, Alexander, Feng, Ku, Szu, Shih, Yung, Yu
Untertitel: ‎Englisch, Deutsch
Studio: ‎filmArt

Vorher und Nachher (bezieht sich nur auf eine kurze Sequenz gegen Ende des Films)

Diese Edition wurde uns freundlicherweise von filmArt zur Verfügung gestellt.

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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