Die Schreckenskammer des Dr. Thosti / The Black Sleep

Verurteilt für einen Mord, den er nicht begangen hat, ist der Chirurg Dr. Ramsay überrascht, als ihm sein Kollege Dr. Thosti einen Ausweg anbietet. Durch eine Droge in totähnlichen Schlaf versetzt kann Ramsay dem Galgen entkommen und soll als Gegenleistung helfen, Thostis schwer kranke Frau zu heilen. Der so gerettete Ramsay muss jedoch schon bald feststellen, dass seine Situation nicht wirklich entspannt ist. Thosti experimentiert an Menschen und hält verunstaltete Versuchsobjekte gefangen, mit denen er skrupellos umgeht. Um seine Frau zu retten, hat der Mediziner alle moralischen Bedenken über Bord geworfen und lässt sich von seinem Weg nicht abbringen, der nur ins Verderben führen kann. (Anolis)

Basil Rathbone ist den meisten Fans älterer Filme als der definitive Sherlock Holmes bekannt und einer kleineren, treueren Gruppe sicherlich auch als Antagonist zu Errol Flynns Peter Blood oder Robin Hood. Außerdem gehört er neben Vincent Price, Peter Lorre und Boris Karloff zu den großen Vier des Horrorfilms von American International Pictures. Nachdem Rathbone sich dafür entschieden hatte, der äußerst erfolgreichen Sherlock Holmes Filmserie von Universal Pictures den Rücken zu kehren, musste er feststellen, dass die ihm nun angebotenen Rollen von seinen vorherigen mehr oder weniger stark abwichen. Infolgedessen orientierte sich Rathbone eher in Richtung Broadway und Fernsehen, obwohl er weiterhin recht häufig in Kinoproduktionen zu sehen war. Allerdings stellten seine Rollen auf der großen Leinwand oftmals Parodien von Charakteren dar, für die er zu einem früheren Zeitpunkt seiner Karriere berühmt geworden war. 1956 trat United Artists wegen eines Filmes an ihn heran, der auf den ersten Blick wie ein banaler Aufguss der klassischen Horrorelemente wirkte: The Black Sleep aka Die Schreckenskammer des Dr. Thosti.

In einer weiteren Variation des „Mad Scientist“-Plots verkörpert Rathbone den Neurochirurgen Sir Joel Cadman (dt. Version: Dr. Thosti!?), der nicht nur eine indische Kräutermischung entdeckt hat, die den Tod des Konsumenten vortäuscht, sondern auch ein Gegengift entwickelt, das den Probanden aus dessen komatösen Zustand wieder zurück ins Leben holen kann. Gleich zu Beginn des Streifens wendet Cadman seine „Drogen“ bei Gordon Ramsay an, einem seiner ehemaligen Medizinstudenten, dem wegen Mordes der Galgen droht. Als Ramsay (Herbert Rudley) aus dem „Schwarzen Schlaf“ erwacht, erklärt Cadman die Situation. Obwohl Ramsay froh ist am Leben und dem Galgen entkommen zu sein, hat er doch größere Bedenken, die Rolle von Cadmans geheimen chirurgischen Assistenten zu übernehmen. Nach der ersten gemeinsamen Operation wird deutlich, dass Cadman seine zweifelhaften Versuche an lebendigen Menschen durchführt, um deren Gehirnfunktion untersuchen zu können. Cadmans ultimatives Ziel ist es, seine komatöse Frau, die an einem Hirntumor erkrankt ist, zu heilen. Gleichzeitig erfährt Ramsey, dass sich auch ein paar Sonderlinge in der Peripherie von Rathbones Wahnsinn aufhalten. Da gibt es zum einen den stummen Mungo (Lon Chaney Jr.), der zu heftigen Wutausbrüchen neigt, während er zu Cadmans Patienten zählt. Wenig später kommt heraus, dass Mungo eigentlich Dr. Monroe ist, ein ehemaliger Kollege von Dr. Cadman, der sich auch als der Vater von einer von Cadmans derzeitigen Krankenschwestern herausstellt. Den zweiten Sonderling gibt Bela Lugosi als Casimir, Cadmans stummen Portier, zum Besten. Vermutlich gehört auch er zur Gruppe Cadmans früherer Patienten. Nachdem sie die Methoden des Doktors immer mehr in Frage stellen, begeben sich Ramsey und Mungos Tochter in einen geheimen Teil des Gebäudes, den man nur als Verlies bezeichnen kann. Dort sind weitere „Versuchsobjekte“ untergebracht, die allesamt mit einer Vielzahl von Beschwerden zu kämpfen haben, welche allein durch Dr. Thostis experimentellen Operationen hervorgerufen wurden. Selbstverständlich werden die beiden „Eindringlinge“ entdeckt und das Schicksal bzw. Unglück nimmt seinen Lauf.

The Black Sleep ist eine wirklich gute Imitation eines Horrorfilms, wobei der Streifen bereits zu Beginn auseinanderfällt. Dem Publikum macht es einige Mühe nicht mit Rathbones Charakter zu sympathisieren, da der kein Psychopath ist, der wahllos und willkürlich mordet, sondern ein Mann, der sich an einem sehr spezifischen (und vielleicht lobenswerten) Ziel orientiert. Ein weiteres Manko stellt der verpatzte Einsatz zweier Horrorfilm-Legenden dar, denn sowohl Bela Lugosi (in seinem letzten Film), als auch Lon Chaney Jr. bleiben in ihren jeweiligen Nebenrollen völlig stumm, was einer verpassten Chance gleichkommt den beiden Leinwandveteranen noch einmal die Möglichkeit zu geben schauspielerisch wirklich glänzen zu können. Vielleicht waren sie aber auch aufgrund ihrer langjährigen Morphium- bzw. Alkoholabhängigkeit nicht mehr in der Lage dazu? Akim Tamiroff liefert als Leichenbeschaffer Ono zwar angemessene Arbeit ab, ist jedoch kein Ersatz für Peter Lorre, der eigentlich für diese Rolle vorgesehen war. Bedauerlicherweise stritten Lorre und die Produktionsfirma über das Honorar, was seine Teilnahme am Film ausschloss. Obwohl die Besetzungsliste vor großen Namen nur so strotzt, ist doch klar, dass The Black Sleep vom Studio als B-Film im Gewand eines A-Films angesehen wurde. Die kreative Beleuchtung hilft zwar so manche Schäbigkeit zu verbergen aber, dass die Sets billig sind und oft noch nicht einmal Tertiärtiefe haben, ist allerdings deutlich zu erkennen. Man achte besonders auf Thostis Verlies – dort ist zwischen den Steinen keine Definition für das Mauerwerk außerhalb der Mörtelarbeit vorhanden.

Abgesehen von den billigen Sets, ist ebenso die Gewöhnlichkeit, mit welcher der Film die meisten Standardaspekte des damaligen Horrorfilms aufgreift, als Mangel anzusehen: Es gibt die obligatorisch laute und traurige Musik von Lex Baxter und Dr. Thostis geheimer Zufluchtsort ist natürlich ein Schloss mit einem Verlies und einem Geheimgang hinter dem Kamin. Das, gepaart mit der Menagerie der verlorenen Seelen (die alle keine ordentliche Definition haben), ist es, was Die Schreckenskammer des Dr. Thosti davon abhält, in der Horrorfilm-Geschichte einen prominenteren Platz einzunehmen. Doch nicht alles ist verloren, was diesen Film betrifft. Der Streifen ist, trotz aller Mankos, als ein unterhaltsames sowie temporeiches Unterfangen zu bezeichnen, obwohl für die desensibilisierten Zuschauer heutzutage vielleicht zu viele Dialoge vorhanden sind. Diejenigen mit der richtigen Einstellung zu solch filmischen Kuriositäten werden Die Schreckenskammer des Dr. Thosti als vergnüglich angenehmes, wenn auch nicht geistig übermäßig anspruchsvolles Entertainment zu schätzen wissen. Obwohl The Black Sleep in fast jedem Aspekt versagt, um mehr als nur das Genre nachzuahmen, erhebt sich der Film weit über einfache Plumpheit hinaus. Basil Rathbone ist sein übliches charismatisches Selbst, und wenngleich niemand dies zu seinen besten Vorstellungen zählen würde, wird der Streifen bereits alleine durch seine übliche Stakkato-Diktion in Richtung Respektabilität gezogen.

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  • Darsteller: Basil Rathbone, Akim Tamiroff, Lon Chaney, John Carradine, Bela Lugosi
  • Regisseur: Reginald Le Borg
  • Untertitel: Deutsch
  • Region: Region B/2
  • Bildseitenformat: 16:9 – 1.77:1
  • FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
  • Studio: Anolis Entertainment
  • Produktionsjahr: 1956
  • Spieldauer: 83 Minuten

Anolis Entertainment bringt Die Schreckenskammer des Dr. Thosti im Rahmen ihrer Die Rache der Galerie des Grauens Reihe als Nummer 10 in einer BluRay / DVD-Edition heraus und leistet damit, wie bereits gewohnt, tolle Arbeit. Das Bild präsentiert sich im 1.77:1/ 16:9 Format und sieht absolut klasse aus. Es zeigt sich sehr gut restauriert, enorm scharf und wunderbar detail- und kontrastreich. Beim Ton kann man zwischen den Sprachen Deutsch und Englisch (alle DTS-HD 2.0 Mono) wählen, wobei deutsche Untertitel zuschaltbar sind. Außerdem gibt es neben den deutschen und amerikanischen Kinotrailern, einem deutschen sowie amerikanischen Werberatschlag, Filmprogrammen und einer Bildergalerie noch das 32-seitige Booklet von Ingo Strecker und Uwe Sommerlad zu bestaunen. Der Audiokommentar mit Dr. Rolf Giesen, Uwe Sommerlad und Volker Kronz muss mal wieder als Höhepunkte der Veröffentlichung gewertet werden, versorgen sie den geneigten Zuschauer doch mit einer Fülle an interessanten Informationen über den Film und die Schauspieler. Ein ganz großes Plus: diesmal kann man sich zusätzlich auch noch die „Grindhouse“-Kinofassung, sowie einen Beitrag aus „Trailers From Hell“ mit Joe Dante anschauen. Fans der Galerie des Grauens Reihen und/oder Horror-Streifen der alten Schule werden ohne Frage ihren Spaß an Die Schreckenskammer des Dr. Thosti haben.

Diese Edition sowie das Bildmaterial wurde uns freundlicherweise von Anolis Entertainment zur Verfügung gestellt.

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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