Ein Toter spielt Klavier / Scream of Fear / Taste of Fear

Christopher Lee sagte zu diesem Film: „Er hatte den besten Regisseur, die beste Besetzung und die beste Story.“ Drehbuchautor Jimmy Sangster wollte weg von der Welle des Gothic Horror. Er nahm sich Hitchcocks Psycho zum Vorbild und einen der erfolgreichsten französischen Thriller der 1950er Jahre: Die Teuflischen von Henri-Georges Clouzot. Susan Strasberg spielt eine Millionenerbin, die in den Wahnsinn getrieben werden soll: Sie vernimmt das Klavierspiel ihres Vaters, der angeblich auf Geschäftsreise ist, in seiner Villa an der französischen Riviera und glaubt alsbald, auch seine Leiche zu sehen. Christopher Lee, der einen Arzt spielt, tut dies jedoch als blanken Hirn-Horror ab…. (Anolis Entertainment)

Aus einem See in der Schweiz wird die Leiche einer jungen Frau geborgen, die wohl Selbstmord begangen hat. Kurz darauf kehrt eine weitere junge Frau, die an den Rollstuhl gefesselte Penny Appleby (Susan Strasberg), in das Haus (an der französischen Riviera) ihres entfremdeten Vaters zurück, um Wiedergutmachung zu leisten und ihn nach zehn Jahren Trennung erneut kennenzulernen, zumal ihre Mutter inzwischen gestorben ist. Auf dem Weg dorthin informiert der Chauffeur Robert (Ronald Lewis) Penny jedoch darüber, dass ihr Vater aus beruflichen Gründen abberufen wurde und für eine Weile nicht anwesend sein wird. Die darüber sichtlich verwirrte Penny wird allerdings von ihrer Stiefmutter Jane (Ann Todd) recht herzlich empfangen, obwohl sich die beiden Frauen noch nie zuvor begegnet sind. Dahinter scheint mehr zu stecken, als man auf den ersten Blick erkennen kann…

In Jimmy Sangsters Drehbuch zu Taste of Fear, auch bekannt als Scream of Fear, gibt es nichts Irrelevantes zu entdecken, denn alles dient den Drehungen und Wendungen der Handlung. Alfred Hitchcocks Psycho war im Vorjahr ein großer Hit gewesen und Hammer wollte mit einem eigenen psychologischen Horrorszenario an diesen Erfolg anknüpfen. Doch mehr als von Psycho wurde die Erzählung von Henri-Georges Clouzots französischem Thriller Les diaboliques (Die Teuflischen, 1955) beeinflusst. Sogar das Setting ist Französisch, während die großen Offenbarungen denen des Originals stilistisch ähneln. Das soll jetzt nicht heißen, solche Verbindungen würden dem Publikum das Vergnügen verderben, denn wenn man sich ungefähr bewusst ist, was auf einen zukommt, kann es dadurch sogar durchaus noch gesteigert werden.

Schaut man sich den Film ein zweites Mal an, so kann man erkennen, an welchen Stellen kleine Tricks in die Geschichte sowie die Präsentation eingebaut worden sind, die einen beim ersten Mal grübeln lassen, wobei es Regisseur Seth Holt bestens versteht eine gruselige Atmosphäre zu kreieren, hauptsächlich dank Douglas Slocombes exzellenter Schwarzweiß Fotografie. Holt hält seine Kamera fest auf Strasbergs besorgte Gesichtszüge gerichtet und lässt die Zuschauer dabei nie vergessen, dass man die Ereignisse aus ihrer Perspektive verfolgt, wobei er nicht andeutet, dass in ihr mehr steckt, als man zunächst erwartet. Das liegt jedoch vor allem daran, dass alle Personen um sie herum so verdächtig erscheinen, von Jane (deren freundlicher Gesichtsausdruck ihre wahren Gefühle zu verbergen scheint) bis hin zum Hausarzt Dr. Pierre Gerrard – wie könnte man ihn nicht verdächtigen, wo er doch von Christopher Lee verkörpert wird?

Penny bekommt das Gefühl, dass irgendjemand plant sie in den Wahnsinn zu treiben, während Dr. Gerrard verlauten lässt, ihr Vater habe ihm erzählt sie sei als Kind sehr neurotisch und sensibel gewesen, wobei ein Sturz vom Pferd und die daraufhin folgende Lähmung von der Hüfte abwärts nicht gerade dazu beigetragen haben, ihren Geisteszustand zu verbessern. Als sie also mitten in ihrer ersten Nacht im Haus aufwacht, um seltsame Geräusche zu hören und dann einen vermeintlich verschlossenen Raum entdeckt, der einiges an Plunder und die Leiche ihres Vaters beherbergt, zweifelt sie daran, dass in diesem Haus alles mit rechten Dingen zugeht. Dies wird besonders deutlich, als die Leiche verschwindet und niemand ihr glaubt, was sie gesehen hat. Selbstverständlich passiert noch Einiges mehr, unter Anderem nimmt Penny einen Anruf ihres Vater (oder etwa doch nicht?) entgegen und das Publikum bekommt die möglicherweise berühmteste Szene des Films im überwucherten Teich präsentiert – die eventuell einen Einfluss auf Francis Ford Coppolas Dementia 13 (1963) und Dario Argentos Inferno (1980) gehabt haben könnte? Insgesamt erweist sich Ein Toter spielt Klavier als ein ordentlicher, recht spannender und enorm zufriedenstellender Flick für Horror- und Mystery-Fans gleichermaßen.

Bonusmaterial:

Audiokommentar mit Uwe Sommerlad und Volker Kronz / Audiokommentar mit Gerd Naumann und Christopher Klaese / „Body Horror“: Inside „Taste of Fear“ / „Creating Fear“: Interview mit John Crome und Desmond Davis / Hammer Woman: Ann Todd / Featurette: „Anxiety and Terror“ / US Kinotrailer / Deutscher Kinotrailer / „Trailers From Hell“ mit Sam Hamm / Super-8-Fassung (dt./engl.) / Britische, deutsche und spanische Titelsequenz / Deutscher und französischer Werberatschlag / Filmprogramm / Bildergalerie / inkl. 24-seitigem Booklet geschrieben von Dr. Rolf Giesen und Uwe Sommerlad (exklusiv nur im Mediabook enthalten)

Das Bonusmaterial (vor allem die beiden AKs) ist wieder einmal als sehr gelungen zu bezeichnen !!!

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  • Alterseinstufung: ‎Freigegeben ab 16 Jahren
  • Regisseur:‎ Holt, Seth
  • Medienformat:‎ Breitbild
  • Laufzeit: 1 Stunde und 18 Minuten
  • Darsteller: ‎Lee, Christopher, Strasberg, Susan
  • Studio: ‎Anolis Entertainment

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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