Judgment Night – Zum Töten verurteilt / Judgment Night

Frank, Mike, Ray und John beschließen, noch mal richtig einen draufzumachen. Doch aus dem fröhlichen Weekendtrip wird ein entsetzlicher Alptraum. Sie verirren sich in eine gottverlassene Gegend und geraten nach einem Unfall mitten in einen Bandenkrieg. Aus harmlosen Zuschauern werden Gejagte. Ohne Waffen, ohne Fluchtmöglichkeit, ohne Chance. Aber das Quartett gibt nicht auf. Sie sind entschlossen, zu kämpfen. Denn in dieser Nacht haben sie nichts mehr zu verlieren – außer ihrem Leben. (Concorde Home Entertainment)

Judgment Nights Handlung lässt unschuldige, zufällige Zeugen eines Mordes gegen hartnäckige Drogendealer und Killer antreten. Weswegen sich die Erstgenannten dazu gezwungen sehen verzweifelt um ihr Leben zu rennen und zwar durch das zwielichtigste, korrupteste, unmoralischste und schmutzigste Gebiet Chicagos. Die Verfolgungsjagd-Action, auf welcher der Film basiert, erscheint vielleicht nicht sonderlich originell, während sich der Streifen wenig, wenn überhaupt darum kümmert, eine ziemlich generische Handlung neu zu erfinden. Regisseur Stephen Hopkins (Predator 2, Lost in Space), der nach einem Drehbuch von Lewis Colick und Jere Cunningham arbeitet, kreiert dennoch eine frenetische, hoffnungslose und von Verzweiflung geprägte Atmosphäre, während die unschuldigen Männer (die ihren Peinigern nicht nur in der Anzahl ihrer Waffen unterlegen sind) verzweifelt versuchen vor ihnen zu fliehen sowie einen Ausweg aus der Situation zu finden, einschließlich verstecken, verhandeln und letztendlich kämpfen. Die Geschichte dreht sich nicht um äußere Details, sondern darum, wie die vier Männer ihre missliche Lage verarbeiten und darauf reagieren, wie sie sich von verängstigten Freunden zu furchterregenden Kämpfern entwickeln. Hopkins und seine Autoren legen die Geschichte so realistisch wie möglich an, erheben ihre Helden nie in einem töricht übertriebenen Maße über deren Kontrahenten und etablieren die Schurken nicht als unaufhaltsame, unbesiegbare Wesen. Alle Charaktere sind aus Fleisch und Blut, wobei es ihre sich entwickelnden Reaktionen sind (gemeinsam mit Hopkins‘ stringenter Regieführung), die den Film über ähnlich angelegte Exemplare heben.

Familienvater Frank Wyatt (Emilio Estevez) hat in den drei Monaten seit der Geburt seines Kindes das Haus kaum mehr verlassen. Seine Frau teilt zwar das gleiche Schicksal mit ihm, doch macht es ihr nichts aus (auch wenn sie nicht begeistert von der Idee ist), dass er sich mit seinen Kumpels für eine Nacht aus dem Staub macht, um einen Boxkampf im Chicago Stadium anzusehen. Zusammen mit seinem kleinen Bruder Deacon Frost … ähm … John (Stephen Dorff) sowie seinen Freunden Mike (Cuba Gooding Jr.) und Ray (Jeremy Piven) fährt Frank in einem Luxus-Wohnmobil, das Ray von einem leichtgläubigen Händler geliehen hat, in Richtung Stadium. Als sich der Verkehr jedoch immer mehr staut und der Boxkampf ohne sie zu beginnen droht, beschließt Ray, die Autobahn zu verlassen und durch einen heruntergekommenen Teil der Stadt zu fahren, wo sie zufällig Zeugen eines Mordes werden. Während das Wohnmobil im sich entwickelnden Chaos verwüstet bzw. zerstört wird, finden sich die vier zu Fuß und auf der Flucht vor vier schwer bewaffneten Schlägern wieder – angeführt vom gefährlichen Fallon (Denis Leary) – die die nun zum Tode verurteilten Freunde unerbittlich verfolgen.

„Spannungsgeladen“ und „furchterregend“ dürften die geeigneten Adjektive sein, um Judgment Night zu beschreiben, wobei das Publikum sich nie ganz sicher sein kann, was es als nächstes zu erwarten hat, natürlich abgesehen von Ortswechseln, die von einem set-piece zum nächsten führen. Unsere Helden werden durch Straßen sowie Wohnkomplexe, die Kanalisation und diverse Geschäfte gejagt, doch egal wie weit sie gehen, welche Richtung sie auch einschlagen, es scheint kein Entkommen vor ihren Verfolgern zu geben, bei denen es sich um enorm erfahrene urbane Tracker handeln muss. Jedes Umgebungsfeld bietet den „Todgeweihten“ eine einzigartige Gelegenheit sich ihren Ängsten zu stellen und als Männer und Kämpfer zu wachsen sowie sich mit der tödlichen Realität ihrer Situation auseinanderzusetzen. So kommen sie zu der Überzeugung sich nicht nur wehren zu wollen, sondern zu überleben, die Tortur durchzustehen und nicht der Angst und Erschöpfung auf Kosten ihrer Leben nachzugeben. Der Film verschwendet nicht viel Zeit damit, die Charaktere zu entwickeln. Emilio Estevez verkörpert einen Familienvater, für den es mehr zu verlieren gibt als für die anderen, zumal Leary ihn regelmäßig daran erinnert, dass er weiß, wer er ist und wo er wohnt und zudem noch verspricht, seiner Frau einen Besuch abzustatten, wenn die nächtliche Jagd zu Ende gegangen ist. Ray repräsentiert den transparentesten Charakter, während Mike und John eigentlich nur Figuren darstellen, die an der Aktion partizipieren können.

Doch auch ohne fest definierte Charakterdetails gelingt es Hopkins eher die Menschen, als „nur“ ihre missliche Lage im Fokus zu halten. Die Nacht gestaltet sich offensichtlich nicht besonders bequem für sie, da sie sich mit zunehmend negativem Stress allmählich auch gegeneinander wenden und zwar nicht, weil die Nacht Dinge über ihre Freundschaft enthüllt, sondern weil sie Wahrheiten über sich selbst erfahren, wie sie auf Stress reagieren und unter Druck agieren. Eine der Stärken des Films ist die Darstellung der relativen Schwächen der Protagonisten im Vergleich zu ihren gewalttätigeren und in Bezug auf Mord erfahreneren Antagonisten. Ihre Unschuld stellt ihr bestimmendes Merkmal dar, das sie überwinden müssen, um nicht vor den Schwierigkeiten davonzulaufen, sondern sich den Schwierigkeiten zu stellen, wenn klar wird, dass niemand außer ihnen selbst sie retten kann. Hopkins versteht es recht gut ziemlich ausgeglichen an die Dinge heranzugehen, indem er zwischen großen set-pieces und atemlos gefährlichen Actionszenen zu intimen Story-Details und Momenten von Charakterwachstum hin und her wechselt.

Judgment Night mag zwar nicht unbedingt ein Klassiker sein, der Film funktioniert jedoch trotzdem einfach prima. Leary liefert eine souveräne Vorstellung als Hauptschurke ab, während Estevez, Gooding Jr., Piven und Dorff perfekt als Gejagte besetzt wurden. Hopkins erreicht viel, ohne seine Charaktere zu stark zu entwickeln, wobei er sich auf Atmosphäre, Spannung und Terror verlässt, um den Film zu tragen. Es handelt sich um einen temporeichen, unerbittlichen Streifen, der wiederholten Betrachtungen standhält. Sehr zu empfehlen.

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  • Seitenverhältnis: ‎16:9 – 2.35:1
  • Alterseinstufung: ‎Freigegeben ab 16 Jahren
  • Regisseur: ‎Stephen Hopkins
  • Medienformat: ‎Breitbild
  • Laufzeit: 1 Stunde und 50 Minuten
  • Darsteller: ‎Emilio Estevez, Cuba Gooding Jr., Denis Leary, Stephen Dorff, Jeremy Piven
  • Sprache: ‎Deutsch (DTS-HD 5.1), Englisch (DTS-HD 5.1), Deutsch (Dolby Digital 2.0)
  • Studio: ‎Concorde Home Entertainment

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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