Ein Toter hing am Glockenseil / La cripta e l’incubo / Crypt of the Vampire

Weit abgelegen in den tiefsten Bergen liegt das alte Schloss der Karnsteins. Bewohnt wird es von Graf von Karnstein und dessen von Alpträumen geplagter Tochter Laura, die letzten Mitglieder eines uralten Adelsgeschlechts. Um den Grund für ihre fürchterlichen Alpträume herauszufinden, zieht der Graf einen jungen Wissenschaftler hinzu, der sich sofort ans Werk macht. Doch je weiter er in die Familienhistorie vordringt, desto größer wird die Weigerung des Grafen, das Rätsel zu entschlüsseln. Als jedoch plötzlich eine Reihe von grausamen Morden rund um das Schloss geschehen, gibt der Graf seinen Widerstand auf und lässt die Nachforschungen zu. Aber die dunklen Gemäuer offenbaren ein schauriges Geheimnis, das weit über die Vorstellungskraft aller Beteiligten hinausgeht… (Subkultur Entertainment)

Als Menschen in der Nähe des Schlosses der Adelsfamilie Karnstein unter mysteriösen Umständen ums Leben kommen, fürchtet Graf Ludwig Karnstein (Christopher Lee) um seine Tochter Laura (Adriana Ambesi). Die kränkliche junge Frau wird zudem noch von lebhaften Albträumen heimgesucht. Das reicht aus, um Ludwig von seiner heimlichen Affäre mit dem blonden Hausmädchen Annette (Véra Valmont) abzulenken und mit Dr. Friedrich Klauss (José Campos) Kontakt aufzunehmen, der eine medizinische Lösung zu Lauras Problemen finden soll. Unterdessen vermutet die treue, jedoch gruselige Haushälterin Rowena (Nela Conjiu), Laura sei vom Geist ihrer bösen Vorfahrin Carmilla besessen. Weswegen sie sich hilfesuchend der Hexerei widmet. Schließlich befreit die überraschende Ankunft der gebrechlichen Schönheit Ljuba (Ursula Davis), Laura aus ihrem Taumel. Dennoch wird sie noch immer von Carmillas Stimme verfolgt, die sie zu grausamen Taten drängt.

J. Sheridan LeFanus bahnbrechender Vampirroman Carmilla sorgte in den Sechzigern für großes Aufsehen, nachdem der französische Regisseur Roger Vadim ihn unter dem Titel Et mourir de plaisir (…und vor Lust zu sterben, 1960) verfilmt hatte. Später diente LeFanus Geschichte als Inspiration für eine lose Trilogie lesbischer Vampirfilme – Gruft der Vampire (1970), Nur Vampire küssen blutig (1971) und Draculas Hexenjagd (1971), von Großbritanniens herausragendem Horrorstudio Hammer Films produziert. Hier ist Hammer-Superstar Christopher Lee in einer seiner sporadischen Euro-Horror-Rollen zu sehen und fungiert als Headliner dieser inoffiziellen Adaption, die LeFanu nicht in den Kredits aufführt. In üppigem, stimmungsvollem Schwarz / Weiß gehalten, versprüht Ein Toter hing am Glockenseil diesen Hauch morbider Romantik, der einzigartig für die italienische Gotik steht. Selbst der gelegentliche aufdringliche Crash-Zoom kann die unheimliche Stimmung nicht mildern.

Bei Ein Toter hing am Glockenseil handelt es sich um eine spanische Koproduktion (was man u.a. bereits an der Vielzahl von Josés in der Besetzung erkennen kann), die als ein sich langsam entfaltender aber lyrischer Chiller beschrieben werden muss, der mit gelegentlich wirkungsvollen Schocks versehen worden ist. Camillo Mastrocinque, der nur einen weiteren Horrorfilm gedreht hat – Un angelo per Satana (Ein Engel für den Teufel, 1966) mit der Euro-Horror-Ikone Barbara Steele – und eigentlich vor allem für seine Komödien bekannt ist, hält sich hier ziemlich nahe an die „Blaupause“, die der große Mario Bava mit La maschera del demonio (Die Stunde, wenn Dracula kommt, 1960) etabliert hat. Wie in diesem bahnbrechenden italienischen Klassiker dringt auch hier ein gutaussehender, rational denkender Mann der Wissenschaft in eine „alte Welt“ ein, in der die Heldin von einem rachsüchtigen Vorfahren heimgesucht wird, der wegen Hexerei zum Tode verurteilt wurde. Allerdings haben die Co-Autoren Tonino Valerii und Ernesto Gastaldi noch zusätzlich lesbische Untertöne aus LeFanus Roman in den Film importiert, da Ljubas zerbrechliche Schönheit sowie ihre Neigung nackt zu Schlafen Lauras Leidenschaft erweckt.

Angesichts der Beschränkungen dieser Zeit kann der Film jedoch nur seichte Hinweise auf die genaue Art der Verbundenheit zwischen Ljuba und Laura geben. Urteilt man allerdings nach den verärgerten sowie genervten Reaktionen von Dr. Klauss und Annette, so müsste die gegenseitige Verliebtheit der beiden jungen Frauen, als „ungesund“ angesehen werden. Vom Ton her ist die gequälte Laura LeFanus‘ literarischem Schaffen näher, als die eigensinnigen Verführerinnen, die in den Hammer-Filmen zu finden sind, obgleich die Handlung letztendlich ein wirkungsvolles, wenn auch leicht zu erahnendes Twist-Ende zu bieten hat. Dieses führt schließlich zu einer Koda, die die Hetero-Normalität auf eine Art und Weise bekräftigt, wie es im Jahr 1964 für das Publikum angebracht war. Ein weiterer interessanter Aspekt besteht darin, dass Rowena die Macht Satans zum Guten nutzen will, um einen Mord aufzuklären, obwohl die sich, wie gewohnt, als keine Hilfe erweist, während die Haushälterin in Gefahr gerät. Die Hauptdarstellerin Adriana Ambesi schlägt sich zwar recht gut, als heimgesuchte Heldin, doch fehlt ihr irgendwie Barbara Steeles gespenstische Anziehungskraft.

Zudem wird José Campos‘ steife Leistung als verweichlichter Held durch eine mäßige englische Synchronisation komplementiert. Christopher Lee brilliert in einer untypisch zurückhaltenden Rolle, hat dabei allerdings nicht viel zu tun. Dennoch gelingt es Mastrocinque – mit freundlicher Unterstützung der Kameramänner Julio Ortas und Giuseppe Aquari (der „berühmt“ berüchtigte Italo-Western Regisseur Demofilo Fidani wird unter dem Pseudonym Demos Filos als Produktionsdesigner gelistet) – einige clevere Lichttricks in den Film zu integrieren, die den Schlüsselszenen einen gewissen magischen Schauer verleihen: z.B. die grausige Entdeckung einer hängenden Leiche; ein Opfer wird in die Dunkelheit gezerrt, bis man nur noch dessen Schreie hören kann; eine Hand greift aus einem Sarg, um unseren Helden zu erwürgen und noch ein toller Moment, in dem eine Figur plötzlich aus ihrem Sarg springt und mit anklagendem Finger auf Laura zeigt.

Bonusmaterial:

  • Audiokommentar von Lars Dreyer-Winkelmann
  • Englischer Trailer
  • Deutscher Trailer
  • Deutscher Vorspann
  • Italienischer Vorspann
  • Bildergalerie
  • Wendecover ohne FSK Freigabe

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Seitenverhältnis:‎ 16:9 – 1.85:1 (1080p/23.976/AVC)
Alterseinstufung: ‎Freigegeben ab 16 Jahren
Regisseur:‎ Mastrocinque, Camillo
Medienformat:‎ Letterbox
Laufzeit: 1 Stunde und 25 Minuten
Darsteller:‎ Lee, Christopher, Ambesi, Adriana, Davis, Ursula, Valmont, Véra, Campos, José
Ton: Deutsch, Italienisch (1.0 Mono, DTS-HD Master Audio)
Untertitel: ‎Deutsch, Englisch
Studio: Subkultur Entertainment

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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