Ran

Ran ist ein opulentes japanisches Historiendrama von Akira Kurosawa (Die Sieben Samurai) aus dem Jahr 1985. Der Film galt bis dahin als der teuerste japanische Film aller Zeiten (unter anderem wegen aufwendigen Kostümen, Schlachten und Außenkulissen am Berg Fuji) und war der letzte große Film des Altmeisters. Er war 1986 für mehrere Oscars nominiert, gilt als von Kritikern gefeiert, war aber finanziell eher ein Flop. Da Ran eine französische Co-Produktion war, unternahm StudioCanal vorletztes Jahr eine Restoration des Films, das Ergebnis liegt nun auf einer umfangreichen BluRay vor.

Ran handelt vom alternden Kriegsherrn Hidetora (Tatsuya Nakadai), der trotz seines greisen Alters und den Jahrzehnten grausamer Herrschaft, einen gnädigen Augenblick in der Pause einer gemeinsamen Jagd dazu nützt, seinen Besitz an seine drei Söhne weiter zu geben. Sie sollen das Erbe des Ichimonji Clans fortführen. Dazu vermacht er Taro, dem ältesten, den Thron und die Ländereien, dessen Brüdern Jiro und Saburo jeweils eigene Burgen. Doch schon bei dem Akt kommt es zum Zerwürfnis mit Saburo, und er verbannt ihn. Doch Taro gibt sich nicht mit seiner Rolle zufrieden, und lässt sich, angestachelt von seiner hinterlistigen Frau Kaede (Mieko Harada), dazu verleiten, Brudero Jiros Erbe an sich zu reissen. Krieg bricht aus, dessen Intrigen nun sogar Hidetora zum Opfer fällt, der wiederum verbannt wird und mit einem Haufen verbliebener Samurai hungernd durch die Lande zieht. Hinterlistige Strategien seiner Brüder treiben ihn zurück zu seinen alten Burgen, doch mehr Massaker warten, und mehr Intrigen… liegt die Zukunft in den Händen des verstoßenen Saburo? Verliert Hidetora durch Senilität seinen Verstand? Fällt das Ichimonji Reich den Feinden zum Opfer?

Ran Kurosawa BluRay

Mit visionärer Bildkraft, imposanter Musik und virtuosem Schnitt erzählt Ran (japanisch für Chaos) eine Parabel über den unbändigen und zerstörerischen Machtwillen einer ganzen Dynastie.

Fünf Jahre nach Kagemusha, der von George Lucas (American Graffiti) und Francis Ford Coppola (The Conversation) co-produziert wurde, wagte sich Kurosawa an das Werk, das ihm eigentlich vorschwebte: ein opulentes Historiendrama aus Shakespeares King Lear zu machen. Ein riesiges Budget und internationale Kooperation später war das Werk vollbracht, aber es sollte auch Kurosawas letztes Epos sein. Der Film versteckt seine Shakespeare Wurzeln auch wirklich nicht. Hidetora ist King Lear. Die Theatralik des Originals ist vielfach erhalten, und gibt dem Film dadurch eine mythische Kraft sowie qualitativen intellektuellen Anspruch. Einen Anspruch auf historische Genauigkeit und Authentizität gibt es hingegen nicht, Ran ist nicht als realistischer Historienfilm gemeint. Die Shakespare Wurzeln haben auch Nachteile versteht sich, so leidet der Film teilweise auch in der im Theater zu verortenden Trägheit und dem nicht sehr cineastischen Erzähltempo. Das nur vorne weg.

Ran Kurosawa BluRay

Ran ist ein beeindruckendes filmisches Werk. Von den vielen Farben bis über die eindrucksvollen Kostüme und Schlachten, hin zu den metapsychologischen Dialogen, den Intrigen und den ausgezeichneten schauspielerischen Leistungen. Vor gewaltigen Kulissen haben einige wenige stark verkleidete und im Fall von Hidetora extrem stark geschminkten Schauspielern und Schauspielerinnen herausragendes geleistet. Viele Epen überdecken die einzelnen Personen, oftmals ist vor lauter Breitbild und Schlachten die Charakterentwicklung sekundär, auch bei Braveheart hatte man damit ein wenig zu kämpfen, und Filme wie Der längste Tag beweisen dieses Problem eindrucksvoll, konnten es aber halbwegs lösen. Ran ebenso. Der Film erweist sich anfangs als etwas schwer zugänglich, entfaltet aber dann eine gewissen Dynamik mit der man sich als Zuschauer gut abfinden kann – bis der Film dann etwas psychologisch wird. Der umher irrende Hidetora ist nicht jedermanns Vorstellung eines Historiendramas. Die Kulmination des Films in einem politischen und militärischen Eliminations-Spiel bringt das Drama dann aber gekonnt zum Abschluss, und man muss zugestehen dass trotz all der Arthouse Qualitäten des Films, die ihn durchaus fern abseits des Mainstream-Publikums platzieren, eine am Ende die Spucke weg bleibt. Ran ist ein brachiales Werk voller Schönheit und Anstrengung, ein unbequemes, wertvolles und dennoch mitreissendes Drama.

Ran Kurosawa BluRay

Akira Kurosawa, der 1998 verstarb, schnitt den Film noch selbst. In der beiliegenden Kurzdoku über die Restaurierung erfährt man, das man ein per Hand mit Tesafilm zusammengesetztes original Negativ zur Verfügung hatte, an dem der Meister vielleicht noch selbst Hand angelegt hatte. Dieser hatte ja durchaus zu kämpfen mit dem Film. Seine Frau war schwer krank, und starb während des Drehs. Das riesige Budget und der Erfolgsdruck konnte der Regisseur aber am Ende gut verwalten und herausgekommen ist ein Meisterwerk des späten Japanischen Films, ein visuell beeindruckender, anspruchsvoller und anstrengender Film, der aber vielleicht auch gerade deswegen extrem zufriedenstellen ist.

Nun zur BluRay. Sowohl die französische als auch die deutsche Synchronfassung sind grundsätzlich sehr gut, aber ich habe dennoch bevorzugt, den Film „OmU“ zu sehen. Ein kurzer Vergleich zeigt aber keine extremen Qualitätsunterschiede zwischen den Tonspuren, was auch daran liegt dass die Sychronarbeit bei allen drei westlichen Sprachen auf ähnlich hohem Niveau passierte und der Film nun doch nicht super alt ist. Die DTS Spur bietet gute Tiefen und sehr gute Dialogverständlichkeit. Man kann hier nicht meckern. Da ich nicht die ausgefallenste HiFi-Ausstattung habe, konnte ich nicht im Detail einen guten Vergleich zwischen der japanischen 5.1 und der 2.0 Spur ziehen. Generell sind Upmixe ja nicht die beste option, aber bei den Schlachten ist man schon froh darum.

Ran Kurosawa BluRay

Das Bild sieht der 4k Abtastung entsprechend hervorragend aus, sowohl farblich als auch was Kontrast und Schärfe angeht. Man hat erstklassige Arbeit geleistet und den Film so für die Nachwelt in wirklich beindruckende Form gebracht. Glücklicherweise konnte man sich sowohl des Originalmaterials aus auch des Rats involvierter Personen bedienen, somit ist die vorliegende BluRay nicht nur qualitativ erstklassig, sondern auch sehr authentisch.

  • Tonspuren: Japanisch (DTS-HD 5.1 MA), Deutsch (DTS-HD 2.0 MA), Englisch (DTS-HD 5.1 MA), Französisch (DTS-HD 5.1 MA), Japanisch (DTS-HD 2.0 MA)
  • Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch
  • Bild: 16:9 – 1.77:1 (1080p)

Jetzt etwas umfangreicher zu den Extras, immerhin denke ich das für viele Fans diese Edition auch als Lernmaterial dient zum entdecken Kurosawas, oder zum Wiederentdecken.

Auf Disc 1 ist neben dem Film auch noch eine 10-minütige Einführung in die Restaurationsarbeit zum Film. Sehr aufschlussreich und ein gerne gesehenes Extra. Es zeigt auch, wie wichtig der Segen des Kameramanns Shoji Ueda (der vorher schon bei Kagemusha, und auch bei Dreams nochmal mit Kurosawa zusammen arbeitete) war, den man hinzu zog um am Ende den Look zu erreichen, der dem Originalbild am nächsten kommt, was vor allem bei Farben nicht immer einfach ist.

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Auf Disc 2: „AK“, eine 70minütige französische Dokumentation hinter den Kulissen des Films, mit englischen Untertiteln. Es erinnert ein wenig an ein Produktionstagebuch in Form eines Essay, und liegt dankenswerter Weise auch in HD vor. Es zeigt vor allem auch, welch Aufwand hinter solch einem Historienfilm steht. Es liefert einen schönen Einblick in den Film, eingerahmt von einer Erzählerstimme. „Akira Kurosawa: The Epic and the Intimate“, eine 40minütige Doku (primär Französisch mit Untertiteln) von StudioCanal mit dem Deutschen Ulrich Picardt der mit Silberman an dem Film gearbeitet hat, sowie Bernard Cohn, einem der Regieassistenten, und Bertrand Raison, der über Kurosawa und den Film publiziert hat, sowie Vittorio Dalle Ore, ein Italiener der damals die Chance hatte, als Assistent mit zu arbeiten, und auch nochmal in Dreams, der danach aber kein Filmemacher wurde. Teruyo Nogami, Kurosawas Drehbuchassistentin kommt ebenfalls zu Wort. Sehr interessante Erinnerungen an den Film den diese Menschen auspacken, die auch dabei helfen, Kurosawa selbst besser zu verstehen, wie er tickte und produzierte. Außerdem mit dabei ist Ziad Kreidy, ein Musiker der sich mit Tôru Takemitsu, dem Komponisten befasst hat, und Kazuko Kurosawa, die Tochter des Regisseurs und seit den 90ern als Kostümbildnerin im japanischen Kino aktiv. Sie ist es auch, die erstmals auch Kurosawas Verlust seiner Frau während des Drehs zur Sprache bringt. Insgesamt ein sehr buntes Special das wirklich viel über den Film vermittelt. „Akira Kurosawa by Catherine Cadou“ dauert 14min und ist ein Interview mit Frau Cadou, die seit der Premiere von Kagemusha in Cannes seine Übersetzerin und Dolmetscherin war für Geschäftsreisen nach Europa. Sie erinnert sich ein wenig an den Regisseur und ihre Gespräche mit dem Mann und seine Beziehung zum französischen Publikum.

„Art of the Samurai“ dauert auch 40min und ist eine Einschätzung von einem Samurai-Kenner (aber keinem echten Historiker) zur Darstellung der Epoche im Film, der natürlich eher Kunst als Dokumentation ist, und somit zwar, in seinen Worten, unrealistisch ist aber im Kontext des Shakespeare Stoffes ein wunderbares Kunstwerk über diese Zeit. Diese Doku ist vor allem interessant was die Waffen, Kostüme und sonstigen Kriegskontexte betrifft, von denen man im Film sehr viele sieht. Der Film ist ja auch sehr opulent was die Ausstattung angeht, die Millionen gekostet hat, somit ist gerade dazu professioneller Kontext sehr spannend.

„Interview with DP Mr Ueda“, etwa 10min, mit Untertiteln. „Interview with Ms Mieko Harada“, etwa 20min, mit Untertiteln. „Interview with Michael Brooke“, Autor und Journalist, etwa 16min, ohne Untertitel. Alle drei interessant und informativ, wenn auch wenig interaktiv und ohne den Kontext der bisherigen Extras etwas schwer zu durchdringen. Gerade das interview mit Michael Brooke fand ich sehr wertvoll, da er auch ein wenig mehr auf Kurosawas Werdegang auf dem Weg zu Ran eingeht.

Ran Kurosawa BluRay

„Stage Appearance at Tokyo International Film Festival 2015“ ist ein 15minütige Aufnahme von der Erstaufführung der 4k Restauration auf dem Filmfestival mit ein paar Grußworten und Erinnerungen.

„The Samurai“ ist eine 52minütige TV Dokumentation (schon ein paar Jahre älter) über die Samurai, und im Effekt das Extra auf dieser Edition, das abseits des cinematischen, eine akkuratere historische Perspektive auf den Kontext von Ran wirft. Für Neulinger zum Thema japanische Geschichte ein höchst wertvolles Extra und großes Lob an StudioCanal, das hier mit zu liefern. Die Doku ist auf Englisch, ohne Untertitel.

Die Special Edition von Ran mit 2 BluRays ist bei Amazon aktuell für unter 14 EUR gelistet, ein extrem fairer Preis für dieses Meisterwerk. Da heißt es zugreifen, so lange es geht! Klar ist es immer etwas seltsam zu wissen, dass es auch von Criterion schon eine BluRay gab, und dessen Extras hier nicht beliegen, aber damit muss der Filmfan leider leben. Ein prima Einstieg in Kurosawas Spätwerk, ich für meinen Teil mache mich nun auf mehr seiner Filme zu erkunden, als nächstes Kagemusha.

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RanDie BluRay wurde uns freundlicherweise von StudioCanal bereitgestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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