Sein Leben in meiner Gewalt (The Offence)

The Offence

The Offence (1973) ist Sidney Lumets Verfilmung eines Theaterstücks, mit Sean Connery in der Hauptrolle als traumatisierter Polizist Johnson, dem im Zuge von Ermittlung gegen einen Serienmörder und -Vergewaltiger die Sicherungen durchbrennen. Detective Sergeant Johnson – seine Ehe in Scherben, sein Kopf geplagt von den erlebten Verbrechen aus 20 Jahren Dienst – wird handgreiflich als er kurzzeitig mit dem Hauptverdächtigen alleine im Verhörraum ist. Er befürchtet, den Mann getötet zu haben. Widerwillig öffnet er sich gegenüber seiner Frau, noch widerwilliger gegenüber des Kollegen von den internen Ermittlungen. Den Totschlag hat er zu verantworten, doch wie es genau dazu kam und wie er seine Schuld einordnet, das kommt erst im Laufe des Verhörs – auch für den Zuschauer – halbwegs ans Licht….

The Offence

Um das einzordnen, der Film erschien nach Diamantenfieber (1971), vor Zardoz (1974). Connery war definitv ein großer Star zu dem Zeitpunkt, und Lumet (Die 12 Geschworenen, Network, Serpico), der auch eine große Nummer war, schuf hier einen bedrückenden Film, gemeinsam mit dem Proto-Bond, der dem sonstigen Werk beider Filmschaffender extrem unähnlich ist. Connery mimt weder einen Helden (Outland) noch ist es ein soziopolitisch wichtiger Film (Network), es ist ein Blick in den sogenannten „Underbelly“, die Schattenseiten des Gesellschaftslebens: Serienmörder, Vergewaltiger, ausgebrannte Cops, kaputte Ehen.

The Offence

Von Beginn an ist einem Johnson eh etwas suspect, das liegt aber daran, dass man zu wenig über ihn weiß als Zuschauer, sein Auftreten daher nicht klar interpretieren kann, und auch nicht weiß wo man in die Story einsteigt und welche Art Film man vor sich hat (außer man kennt das Theaterspiel). Ist er selbst nicht ganz sauber, oder ist er einfach nur übereifrig? Ist er ein abgefuckter Cop oder haben wir es mit einer Verschwörung zu tun? Am Anfang bleibt das unklar. Sobald man aber gegen Mitte des Films lernt wie kaputt Johnson ist, dreht sich das Drehbuch-Blatt und man hat ein Psychodrama vor sich mit einer Dosis Realitätsverzerrung: aus wessen Perspektive haben wir die erste Filmhälfte eigentlich erlebt? Durch seine von Trauma verzerrte, oder einer objektiven Erzählerperspektive? The Offence offentbart sich dadurch als ein spannender, durchdachter und auch etwas mitreissender Thriller für den man mit Connery eine überraschend überragende Besetzung gefunden hatte.

The Offence

Die BluRay von Koch Films ist ein weiterer Klassiker in würdiger Aufbereitung. Das Bild ist Okay aber nicht top. Der Ton ist völlig in Ordnung. Neben dem Originalton gibt es auch eine deutsche Synchronfassung (nicht getestet) und Untertitel auf Deutsch und Englisch. Es sind fünf Interviews enthalten: eines mit Komponist Harrison Birtwhistle (14min), dem Assistent des Production Designers, Chris Burke (12min), der Kostümbildnerin Evangeline Harrison (6min), dem Tonmischer Simon Kaye (6min) und dem Theaterregisseur Christopher Morahan (15min). Es fällt auf: weder Regisseur noch Hauptdarsteller konnten hierfür gewonnen werden – Lumet natürlich weil er nicht mehr lebt – dennoch etwas schade (ich frage mich immer ob die TV Archive nicht immer voll sein müssten mit alten Interviews, TV Auftritten usw.). Versteht mich nicht falsch, diese Interviews sind alle sehr spannend und wertvoll, aber es hinterlässt einen etwas bitteren Geschmack wenn die großen Namen nicht beteiligt sind. Der Originaltrailer und Bildergalerie runden das Paket ab. Ein Booklet liegt auch bei, das stand mir allerdings zur Bewertung nicht zur Verfügung.

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The Offence
Die BluRay wurde uns freundlicherweise von Koch Films zur Verfügung gestellt. Screenshots von der US BluRay

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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