Tagebuch eines Mörders / Diary of a Madman

Frankreich im Jahre 1886. Ein Dämon springt von einem verurteilten Mörder auf dessen Richter über, welcher der Ausgeburt der Hölle nun ebenfalls willenlos ausgeliefert ist. Der Horla macht sich seinen Wirt gefügig, um grausame Taten zu begehen. (Wicked Vision Distribution GmbH)

Magistrat Simon Cordiers (Vincent Price) Beerdigung ist selbst für einen solchen Anlass noch als ein düsteres Ereignis zu bezeichnen, da die Anwesenden voller Verachtung für den Verstorbenen sind. Sein letzter Wille muss jedoch erfüllt werden, weswegen die Trauergäste um eine Lesung aus seinem Tagebuch nicht herumkommen. Möglicherweise kann das etwas Licht auf sein untypisches sowie bizarres Verhalten während seiner letzten Tage werfen. Zum Zeitpunkt seines Todes war bereits ein Mörder aus ihm geworden, wobei seine Verbrechen durch einen beruflichen Besuch bei einem anderen Killer ausgelöst worden zu sein scheinen, der ohne jeglichen Grund mehrere Menschen umgebracht hatte. Doch wie aus den Notizen des Magistrats hervorgeht, war es das, was Cordier während dieses schicksalhaften Besuchs gesehen bzw. gehört hatte, was ihn schließlich an den Rand des Wahnsinns trieb.

1963 wurde Vincent Price dank seiner RogerCorman-Adaptionen von EdgarAllanPoe-Geschichten zu dem Gesicht amerikanischer Horrorfilme. Doch auch andere Produzenten wollten von seiner Beliebtheit profitieren und da sie dafür natürlich auf keinen Poe-Stoff zurückgreifen konnten, mussten sie sich nach anderen klassischen Werken der Horror-Fiction umsehen, die sie auf die Leinwand bringen konnten. In diesem Fall war es Robert E. Kent, der die treibende Kraft hinter diesem Vorhaben war. Kent hatte sein Geld bis dahin mit sogenannten B-Filmen verdient, weswegen Tagebuch eines Mörders für ihn einen Schritt in Richtung Seriosität darstellte. Leider fungierte er auch selbst als Drehbuchautor, wobei er sich nicht gerade als ein Richard Matheson entpuppte, denn bei dem, was er bei Tagebuch eines Mörders ersonnen hat, handelt es sich um eine eher trockene sowie schwerfällige Variante aus Bruchstücken von Guy-de-Maupassant Geschichte Der Horla (1886/1887).

Bis auf eine kleine Auswahl an Schauspielern, die man in eichengetäfelten Räumen dabei beobachten kann, wie sie ihre Texte austauschen, ist zumindest innerhalb der ersten Stunde des Films sehr wenig los. Wie man an der „Günstigkeit“ der Sets ziemlich offensichtlich erkennen kann, ist der größte Teil des Budgets vermutlich an Vincent Price gegangen. Allerdings ist Nancy Kovacks Anwesenheit sehr zu begrüßen, da sie damals eine attraktive Ergänzung für jede Besetzung repräsentierte. Hier sieht man sie in der Blütezeit ihrer zwanzigjährigen Schauspielkarriere, obwohl sie die meiste Zeit über eher fürs Fernsehen, als fürs Kino gearbeitet hat. Ihr berühmtestes Werk dürfte wohl der beinahe zur gleichen Zeit entstandene Jason und die Argonauten (1963) sein, der ihr dank der ständigen Wiederholungen im Fernsehen überall auf der Welt wesentlich mehr Bekanntheit verliehen hat, als ihre Rolle in Tagebuch eines Mörders. Wobei angemerkt werden sollte, dass sie hier auch nicht bis zum Ende des Streifens aktiv ist, da sie vorzeitig aus dem Plot ausscheidet.

Warum das so ist, kann man sehr wahrscheinlich schon nach etwa einer Minute ihres ersten Auftritts mit Vincent Price erahnen. Denn sie wird als Modell für Cordier eingeführt, weil er seine alte Leidenschaft, die Bildhauer- bzw. Töpferei, wieder aufleben lassen möchte. Man kann davon ausgehen, dass das Thema Kunst dieses Projekt für Price noch ansprechender gestaltete, da er ja ein eifriger Sammler gewesen sein soll. Auch wenn es die Ergebnisse der Bemühungen seiner Figur wohl kaum in eine Galerie geschafft hätten, da der Magistrat mit eher leidlichem Erfolg versucht Odettes Gesicht in Lehm zu formen und dabei ihre „gay, yet strangely enigmatic cheeriness“ einzufangen. Was nämlich dabei herauskommt, ist die Büste einer lediglich lächelnden Frau und gerade als das Publikum droht das Interesse zu verlieren, kommt Kent mit einer weitaus spannenderen Verwendung für den schweren, tonigen Marschboden um die Ecke, die sich letztendlich als einer der wenigen „Schockmomente“ des Films offenbart.

Diese letzte halbe Stunde gestaltet sich glücklicherweise wesentlich lebendiger, als die ersten zwei Drittel der Geschichte, wenn Cordier von der Macht des Horla (gesprochen von Joseph Ruskin) ergriffen wird. Einer unsichtbaren Präsenz, die keinen anderen Zweck verfolgt, als die Menschen in den Wahnsinn zu treiben und zwar auf mörderische Art und Weise. Jedes Mal, wenn der widerwillige Cordier versucht mit dem unwillkommenen Besucher in seinem Kopf zu ringen, leuchten seine Augen bläulich grün auf, d. h. Regisseur Reginald Le Borg ließ einen Lichtbalken in die Mitte seines Gesichts leuchten, worauf schon bald die „Hölle“ heraufbeschworen wird.

Nun ja, jedenfalls bis zu einem gewissen Punkt, denn der Film hält sich in der Darstellung von Gewalt doch ziemlich zurück und verlässt sich stark auf die Art und Weise, wie die übernatürliche Präsenz ihre Macht über vermeintlich Unschuldige wirken lässt, damit diese extremes Fehlverhalten an den Tag legen. Obwohl es sich hier eigentlich nicht um eine Metapher zu handeln scheint, möchte der Film das jedoch mehr oder weniger sein, was die Verbrechen und ihre letztendliche Beendigung etwas fadenscheinig erscheinen lassen. Kent lehnt sich an den klassischen Text an, ohne großartig über das Resultat seiner eigenen Arbeit nachzudenken. Außerdem mangelt es schon alleine deswegen an Spannung, weil man bereits von Anfang an weiß, wer am Ende so alles überlebt hat. Für Vincent Price Fans dennoch ein absolutes Muss!

Extras und Besonderheiten:

  • 24-seitiges Booklet mit einem Essay von Christoph N. Kellerbach —> der Autor beantwortet in seinem Text u.a. diese Fragen auf recht ansprechende Art und Weise: Warum verfilmt diese Roman-Adaption ihre Vorlage teilweise extrem detailgetreu, stellt jedoch manche Passagen wiederum bewusst anders dar? Welche Unterschiede gibt es dabei zu entdecken? Wie entstand die Ursprungsversion von Guy de Maupassant? Und was sind die Produktionsgeheimnisse der Filmvariante?
  • Audiokommentar mit Dr. Steve Haberman
  • Audiokommentar mit Dr. Gerd Naumann, Christopher Klaese und Matthias Künnecke —> wie bereits gewohnt, gestaltet es sich sehr angenehm den drei Herren bei ihren Ausführungen über Film und Schauspieler etc. zuzuhören
  • Interview mit Vincent Price moderiert von David DeValle
  • Deutscher Kinotrailer
  • Originaltrailer
  • Bildergalerie
  • The Grimmlife Collective Special: Vincent Price Loaction Tour
  • Kurzfilm: „Arkfeld“ (2023 /sw) von Laurent Ohmansiek (Deutsch mit optionalen deutschen und englischen Untertiteln)
  • Deutscher Audiokommentar zu „Arkfeld“
  • Europäische HD-Premiere
  • restaurierte Bild-/Tonqualität
  • exklusives Bonusmaterial
  • inkl. s/w Kurzfilm: ARKFELD (2023)
  • matte Mediabooks
  • mit Schauspiel-Legende Vincent Price
  • nach der Geschichte „Der Horla“ von Guy de Maupassant
  • Cover C mit einem exklusiven Artwork von Frederick Cooper

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Freigabe: 12
Ländercode: ABC
Laufzeit: 96 Minuten (ungekürzt) / 92 Minuten (ungekürzt)
Bildformat: 1.67:1 (1080p) / 1:67.1 (anamorph)
Sprache: Deutsch, Englisch
Tonformat: DTS-HD Master Audio 2.0 / Dolby Digital 2.0
Untertitel: Deutsch, Englisch
Untertitel Extras: Deutsch
Verpackung: Mediabook
Discs: 2
Format: Blu-ray / DVD
Disc-Typ: BD-50 / DVD-9
Studio: Wicked Vision Distribution GmbH

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Titel: Tagebuch eines Mörders
Originaltitel: Diary of a Madman
Land / Jahr: USA 1963
Regie: Reginald Le Borg
Darsteller: Vincent Price, Nancy Kovack, Chris Warfield, Elaine Devry, Ian Wolfe uvm.

Tagebuch eines Mörders ist ein so ungewöhnlicher wie faszinierender Beitrag in der Vita von Horror-Legende Vincent Price. Eine üppige Inszenierung unterstützt die Geschichte von Besessenheit und unkontrollierbaren Morden, und Vincent Price überzeugt wie immer in der Rolle des verwirrten Richters und Bildhauers. Erlebt diesen Klassiker als europäische HD-Premiere in einer hervorragenden Bild- und Tonqualität mit umfangreichen Extras. (Wicked Vision)

Die Screenshots stammen von Wicked Vision !!!

Diese Edition wurde uns freundlicherweise von der Wicked Vision Distribution GmbH zur Verfügung gestellt.

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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