Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert / Confessione di un commissario di polizia al procuratore della repubblica

Kommissar Bonavia, ein Polizist der alten Schule, hat eine ganz besondere Lebensaufgabe: Er macht Jagd auf Ferdinando Lomunno, ein örtlicher Mafiaboss, der durch Korruption, Mord und Terror die Stadt fest im Griff hat. Trotz schwerer Beweislast gelingt es ihm stets aufs neue, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Nach einem Mordanschlag auf Lomunno wird der idealistische Staatsanwalt Traini mit dem Fall beauftragt. Mit seinem naiven Glauben an die, seiner Meinung nach, unfehlbare Gerechtigkeit der Justiz, kreuzt er ungewollt den Pfad von Kommissar Bonavia. Gemeinsam sollen sie die Sache Lomunno ein für alle Mal klären. Beide Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten, finden sich binnen weniger Stunden im persönlichen Konflikt und einem Hexenkessel an Gewalt und Korruption, aus dem es augenscheinlich keinen Lichtblick gibt. (filmArt)

Obwohl sie oberflächlich an den poliziotto oder giallo anschließen, verknüpft Regisseur Damiano Damiani seine Filme immer mit politischen oder sozialkritischen Motiven. So macht er es auch mit Confessione di un commissario di polizia al prokuratore della repubblica, was auf Deutsch so viel wie „Bekenntnisse eines Polizeikommissars vor dem Staatsanwalt der Republik“ bedeutet. Dieser Film zog mit Istruttoria è chiusa: dimentichi (Das Verfahren ist eingestellt: Vergessen Sie’s!, 1971) und Perché si uccide un magistrato? (Warum musste Staatsanwalt Traini sterben? / Videotitel Der Terror führt Regie, 1975) sogar zwei Pseudo-Fortsetzungen nach sich, die ähnlich zynische Blicke auf die italienische Gesellschaft und Politik werfen, ansonsten aber nicht mehr viel mit Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert gemeinsam haben. In beiden Werken spielt Franco Nero die Hauptrolle, während alle Menschen um ihn herum auf irgendeine Art und Weise in Verbrechen und Korruption verstrickt sind. In Istruttoria è chiusa: dimentichi porträtiert er einen gebildeten Architekten, der im Gefängnis landet, während er in Perché si un uccide magistrato? einen Regisseur verkörpert, der in seinem neuesten Spielfilm klare Parallelen zum Staatsanwalt Traini zieht, der tief im Sumpf der Korruption festzustecken scheint.

In Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert stellt der Charakter des Kommissar Bonavia (Martin Balsam) einen Polizeibeamten dar, der seinen Beruf seit vielen Jahren ausübt, währenddessen ein zynisches Weltbild entworfen und bereits seit langem erkannt hat, dass er Kriminalität nicht gemäß den offiziellen Regeln bekämpfen kann. Schon seit geraumer Zeit versucht er den korrupten Bauunternehmer Ferdinando Lomunno (Luciano Catenacci) zu überführen, der seine Arbeiter ausbeutet und auch schon mal über Leichen geht, um an sein Ziel zu kommen. Bonavia vermutet, dass Lommuno und die führenden Regierungschefs der Stadt Hand in Hand arbeiten, da er über einige ihrer Operationen Bescheid weiß. Es fehlt ihm allerdings an den nötigen Beweisen, um sie alle zur Strecke zu bringen. Rechtsanwalt Traini (Franco Nero) steht noch am Anfang seiner Karriere, ist gerade erst hergezogen und muss von Bonavia bald erfahren, dass die großen Männer der Stadt nicht nur EIN Skelett im Schrank hängen haben. Eine problematische Lage für Traini, der noch immer an alte Werte und Gerechtigkeit glaubt. Zwangsläufig kollidieren die unterschiedlichen Ansichten der beiden Männer, da Traini den pflichtbewussten Anwalt verkörpert, der sich an die Gesetze hält, weil er fest an das Justizsystem glaubt und sich nicht mit Bonavias zynischer Sichtweise identifizieren kann. Traini und Bonavia stehen sich in zwei völlig unterschiedlichen Positionen gegenüber, obwohl beide eigentlich dasselbe Ziel verfolgen sollten. Traini als junger und pflichtbewusster Mann auf dem Weg nach Oben, Bonavia als Jemand, der durch seinen Beruf vollkommen desillusioniert worden ist.

Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert konzentriert sich hauptsächlich auf seine Hauptcharaktere. Die Dialoge zwischen ihnen spielen für den Film eine sehr wichtige Rolle, während Action-Szenen, im Gegensatz zu vielen anderen italienischen Thrillern dieser Zeit, vernachlässigt werden. Auch wenn gleich zu Beginn eine wilde Schießerei stattfindet, dient dies nur als Sprungbrett, um die Geschichte ins Rollen zu bringen. Das Drehbuch fokussiert sich eher auf die Spannungen zwischen Bonavia und Traini sowie deren persönliche Entwicklungen während der Ereignisse. Die Debatten zwischen den Kontrahenten sind dialogintensiv und bestimmen die Atmosphäre des Streifens. Wie so oft in Damianis Filmen werden Menschen in Führungspositionen, sei es in der Politik oder in der Wirtschaft, nicht gerade als integre Persönlichkeiten dargestellt. Die „Oberschicht“ besteht aus verschiedenen korrupten Personen, für die nur die eigenen Interessen und Gewinne etwas zählen. Traini passt mit seiner Adhärenz zu Recht und Ordnung nicht in diese Welt, muss jedoch lernen damit umzugehen. Der Film lässt die Personen als Verlierer erscheinen, die ehrlich bleiben und die Gesetze einhalten, während Korruption und Machtmissbrauch anscheinend eine lukrativere Lebensweise bieten können. Trotz der vielen Dialoge und des Themas eines reinrassigen Polit-Thrillers (oder gerade deswegen) bleibt Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert ein sehr aufregender sowie höchst empfehlenswerter Film mit zwei sehr überzeugenden Hauptcharakteren und einem recht pessimistischen Ende. Der Soundtrack von Riz Ortolani sollte noch erwähnt werden, denn der ist wirklich großartig und passt klasse zum Film.

Mit der Nummer dreizehn ihrer Polizieschi Edition Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert ist filmArt wieder eine klasse Veröffentlichung gelungen. Der Film ist zu den besten Vertretern seiner Art zu zählen und kommt als ansprechend gestaltete BluRay/DVD Combo (auf 1000 Stück limitiert) mit Wendecover daher. Die technischen Daten wissen auch zu überzeugen, befinden sie sich doch auf recht hohem Niveau. Als Extras wurden der deutsche Trailer, eine deutsche Kinofassung, ein alternativer Anfang, eine Bildergalerie, das featurette Geständnisse – Franco Nero über den Film, sowie ein interessantes Booklet von Udo Rotenberg auf bzw. in die Combo gepackt.

Die screenshots wurden von der DVD aufgenommen !!!

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Darsteller: Martin Balsam, Franco Nero, Marilu Tolo, Giancarlo Prete, Luciano Catenacci
Regisseur(e): Damiano Damiani
Format: Breitbild
Untertitel: Deutsch
Region: Region B/2
Bildseitenformat: 16:9 – 2.35:1
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Studio: filmArt
Produktionsjahr: 1971
Spieldauer: 105 Minuten

 

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Diese Edition wurde uns freundlicherweise von filmArt zur Verfügung gestellt.

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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