Femina Ridens

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– Wer zuletzt lacht, lacht am besten! 

Der eigenbrötlerische Dr. Sayer entführt eine junge Frau namens Maria in seine exzentrisch eingerichtete Villa. Hier jagt er ihr mit Todesdrohungen Angst ein und unterwirft sie verschiedenen erniedrigenden Praktiken. Der Grund dafür ist seine wahnhafte Befürchtung, die Frauen der Welt würden in naher Zukunft die Männer unterwerfen und biologisch überflüssig machen. Maria muss sich nun etwas einfallen lassen, um ihr Leben nicht in seiner Gewalt beschließen zu müssen.

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Im Jahr 1969 drehte Piero Schivazappa seinen Debütfilm Femina Ridens und kreierte damit einen Hybriden aus Giallo und schwarzer Komödie, auch ein Hauch von Undefinierbarkeit umgibt den Film, was diesem eine ganz ausgefallene, besondere Aura verleiht. Die beiden Hauptcharaktere werden von Dagmar Lassander und Philippe Leroy, die Liebhabern des italienischen Kinos bekannt sein sollten, recht überzeugend dargestellt. Besonders das Auftreten der jungen Lassander, welches sich durch bestechende Natürlichkeit auszeichnet, weiss den Zuschauer schnell auf seine Seite zu ziehen. Somit wird man nun, quasi mit ihr gemeinsam, in einen scheinbar ausweglosen Alptraum entführt, der (so wie es Träume gewöhnlich an sich haben) noch die ein oder andere Wendung nehmen soll. Leroy tritt darin als blonder Todesengel auf, der jedoch einen durchaus schwachen Charakter hat und eine „liebenswerte“ kindliche Naivität an den Tag legt, die vor allem in der ersten Hälfte des Films seine unberechenbare Un-menschliche Natur unterstreicht. Sein Anwesen, das wunderschön aber für diese Zeit außergewöhnlich modern designed und eingerichtet ist, ist mit vielen technischen Raffinessen ausgestattet, hat etwas anscheinend Unendliches an sich und liegt irgendwo im Nirgendwo. Es gibt kaum Fenster, keinerlei Hausangestellte, es herrscht vollkommene Isolation von der Aussenwelt – nur „Adam“ und „Eva“ sind anwesend.

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Gerade auf die Thematik von Adam und Eva und den Konflikt zwischen Eros und Thanatos nimmt der Film Bezug und somit ein Grundmotiv des Giallo vorweg, auch wenn es sich hierbei um keinen reinen Giallo handelt. Der Film bedient sich auch bei Motiven des italienischen Liebesfilms sowie der intellektuellen Komödie, denn in der zweiten Hälfte ändert sich mit dem inszenatorischen Stil auch die Atmosphäre des Streifens. Plötzlich brechen die Charaktere aus der klaustrophobischen Villa aus und entfliehen in die „Freiheit“ des „Garten Eden“, der mit einem Amphibien-Fahrzeug erkundet wird, begleitet von einem schwelgerisch eleganten Easy Listening Soundtrack des Komponisten Stelvio Cipriani, der sofort für eine leichte Gänsehaut sorgt. Natürlich ist die Musik Ciprianis auch in der ersten Hälfte des Films zu hören, dort sind die Klänge aber eher unterkühlt oder haben einen treibenden, fieberhaften Charakter, der vor allem die mit sexueller Anspannung geladene Stimmung zwischen Lassander und Leroy betont. Gegen Ende wird der „Liebeskampf“ der beiden Protagonisten überraschender Weise mit Western Klängen untermalt, was ziemlich wahrscheinlich an ein Duell auf Leben und Tod erinnern soll. Überhaupt sind die Anspielungen, die in Femina Ridens gemacht werden, zumeist recht eindeutiger Natur. Piero Schivazappa selbst betont im Interview der Extras, dass viele Szenen nicht zufällig einen surrealen Unterton erhalten haben.

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Natürlich kann ein Film nicht nur aus Musik, guter Kameraarbeit und tollen Schauplätzen bestehen. Zum Filmvergnügen tragen auch die Schauspieler ein „wenig“ bei und bei dem vorliegendem Exemplar ist es gerade das Schauspiel, welches in vielen italienischen Genrefilmen (leider teilweise auch berechtigt) als „Beiwerk“ abgetan wird, was den Film in vielen Szenen trägt. Die wenigen Dialoge sind passend geschrieben und erzeugen eine unterschwellige Spannung, da der Zuschauer lange Zeit nicht ahnen kann was als nächstes passieren wird. Man wird zu Spekulationen angeregt, jedoch bleiben Entwicklung und Ausgang der Geschichte zunächst im Ungewissen. Aufgrund dessen kann man durchaus von einem einigermaßen spannenden Handlungsablauf sprechen. Zwar schleichen sich hier und da ein paar Längen ein, diese können aber durch die gelungene Inszenierung wieder ausgeglichen werden. Die Schlußpointe führt den ganzen Film gar ad absurdum und läßt den Betrachter erst einmal gehörig über die Geschehnisse nachgrübeln. Tja und wer denn nun letztendlich am besten lacht, verrät schon der Originaltitel des Films. Kann man The laughing Woman (es existiert auch der eher unpassende Titel The frightened Woman) deswegen als ein Emanzipationswerk ansehen? Ich glaube, nein … man sollte diesem Film wirklich nicht zwanghaft eine hohe intellektuelle Botschaft zuschreiben. Für mich reicht es schon ihn als gutes, in einer besonderen Form entspannendes, filmisches Kunstwerk (allein das gesamte Set-Design ist als ein solches zu bezeichnen) zu betrachten.

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Was für einen Eindruck hinterläßt Femina Ridens letztendlich beim Zuschauer?

Auf jeden Fall einen besonderen. Ob dies nun im positiven oder negativen Sinne zu sehen ist bleibt wohl jedem selbst überlassen. Klar ist, der Film ist ein sehr eigenständiges Werk und es gibt sehr wenig Vergleichbares in der Genre-Landschaft. Anzumerken wäre auch noch, dass hier beinahe gänzlich auf die Darstellung von körperlicher Gewalt (diese ist doch mehr psychologischer Natur) verzichtet wurde, was den Film schon fast „gesellschaftsfähig“ macht. Im Grunde genommen zieht nur der seichte Hauch einer Prise Soft-Erotik und viel schwarzem Humor durch den Zuschauerraum. Dieser Umstand zaubert zumindest mir ein Lächeln aufs Gesicht und ich bin froh einen Film zu Gesicht bekommen zu haben, der einen bleibenden Eindruck hinterläßt.

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Dieser Text wurde von Janek Rekos verfasst und mit einigen Details durch Bluntwolf ergänzt.

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