Der Pate von Harlem / Black Caesar / Godfather of Harlem

Tommy Gibbs arbeitet sich skrupellos vom schmutzigen Handlanger zum Vertragskiller der New Yorker Mafia nach oben. Damit hat er sein Ziel noch lange nicht erreicht. Machtbesessen räumt Tommy alle aus dem Weg, bis er zum Paten von Harlem wird. Den Aufstieg muss er hart bezahlen: Seine Geliebte verlässt ihn und verbündet sich mit seinem Erzfeind John McKinney. Ohnmächtig vor Wut kämpft Tommy um sein Leben und um seinen letzten Triumph. (Wicked Vision Distribution GmbH)

Man schreibt das Jahr 1953 und ein junger Schuhputzer namens Tommy Gibbs (Omer Jeffrey) erklimmt seine ersten Sprossen auf der Leiter des organisierten Verbrechens. Denn als sich ein Gangster von ihm die Schuhe putzen lassen möchte, lässt sich Tommy Zeit bei seiner Arbeit, damit sich ein Killer der Mafia nähern und eine Waffe ziehen kann. Während sich der Junge an einem Bein seines Kunden festhält, um ihn an der Flucht zu hindern, wird der Gangster auf offener Straße erschossen. Später wird Tommy losgeschickt, um dem rassistischen Polizisten McKinney (Art Lund) etwas Bestechungsgeld zu übergeben, doch der glaubt, der Junge habe einen Teil des Geldes gestohlen, weswegen er ihn mit seinem Polizeistock zusammenschlägt und mit gebrochenem Bein ins Krankenhaus bringt. Tommy wird dieses für ihn extrem negatives Erlebnis niemals vergessen, während er zu einem Mann (Fred Williamson) heranwächst, der beschließt sich ein Stück vom Gangster-Kuchen zu verdienen, indem er einen Mord für die Mafia ausführt. Doch verkauft er letztendlich nicht seine Seele für den Eintritt in diese gefährliche Welt?

Als Der Pate von Harlem 1973 gedreht wurde, lief das Blaxploitation-Genre gerade auf Hochtouren, was auch Kultautor, Regisseur und Produzent Larry Cohen nicht verborgen blieb, der somit seine Version des Klassikers Little Caesar (Der kleine Cäsar) aus den 30er Jahren auf den Weg brachte und zwar mit einem „schwarzen“ Äquivalent (ähm, irgendwie) zu Edward G. Robinson in der Titelrolle, nämlich Fred Williamson. Auch der Erfolg von The Godfather (Der Pate, 1972) blieb nicht unbemerkt, so dass die erste halbe Stunde von Black Caesar einer Low-Budget-Version (die in den Siebzigern spielt) von Francis Ford Coppolas Film nicht unähnlich ist, mit all den Intrigen sowie all der Gewalt und Hinterlist, die das so mit sich bringt. Selbstverständlich erreicht Der Pate von Harlem niemals auch nur annährend das Niveau seiner Einflüsse, was sich natürlich teilweise von einem deutlich niedrigeren Budget ableiten und teils durch das Wiederaufwärmen alter Klischees mit afroamerikanischen Schauspielern erklären lässt.

Obwohl die Qualität alten Weines in neue Flaschen umgefüllt wird, hat der Streifen genug zu bieten, um die Vorgänge interessant zu gestalten, auch wenn es zunächst so aussieht, als würde sich die Handlung eher in finanzieller Korruption, als in Maschinengewehr-Massakern verstricken. Tommy baut eine Bande von vertrauenswürdigen Verbündeten um sich auf, um es nicht nur mit der Mafia, sondern auch mit der Polizei aufzunehmen – McKinney ist jetzt nämlich zu einer mächtigen Figur innerhalb seiner Polizeitruppe geworden, wobei diese als eine weitere Bande von Verbrechern dargestellt wird, mit der sich Tommy herumschlagen muss. Unterdessen lernt Tommy die Nachtclubsängerin Helen (Gloria Hendry) kennen, die sogar zu seiner Frau wird, doch er involviert sich so sehr in seine Machtspiele, sodass er nicht einmal bemerkt, dass sie von seiner gewalttätigen Art abgeschreckt wird, während sein ruhigerer sowie bester Freund Joe (Philip Roye) sie mächtig anturnt.

Tommys größter Fehler (zumindest will uns der Film das glauben machen) ist, dass er wirklich das Leben eines reichen „Weißen“ führen will und nicht das eines „nur“ erfolgreichen „Schwarzen“, was für das Publikum jedoch nur schwierig zu akzeptieren ist, besonders bei einem Schauspieler mit dem Selbstvertrauen eines Fred Williamson als Hauptcharakter. Er scheint nicht der Typ von Mann zu sein, der jemals Bedenken aufgrund seiner Hautfarbe oder „Rasse“ hat, während sein Charisma darauf hindeutet, dass er auch unabhängig von seiner Hautfarbe Respekt erzwingen kann. Abgesehen von diesem kleinen Minuspunkt gelingt es Cohen viele bemerkenswerte sowie individuelle Szenen in den Film einzubauen, wie zum Beispiel die Sequenz in der Tommy das Ohr eines Mannes, den er gerade getötet hat, in die Pasta eines Mafia-Bosses fallen lässt oder die grandiose Actionsequenz (die allerdings mit recht schmalem Budget umgesetzt worden ist), in der unser Antiheld mannhaft versucht einem Mordanschlag zu entgehen, was zu einer aufregenden Verfolgungsjagd durch die Straßen New York Cities führt. Dennoch sind auch Beispiele für abgedroschenes Geschichtenerzählen vorhanden, die den Flick ein wenig herunterzuziehen, mit Tommys tränenüberströmter Mutter, die sich über ihren Sohn ärgert, was einen offensichtlichen Versuch darstellt, an die Herzen des Publikums zu appellieren. Glücklicherweise sind diese Beispiele ziemlich rar gesät, sodass es Black Caesar weitestgehend gelingt seinen Schwung beizubehalten. Es handelt sich hier zwar nicht um einen Klassiker im Stile von Der kleine Cäsar oder Der Pate (denen nachgeeifert wird), dafür allerdings um einen waschechten Klassiker im Bereich des Blaxploitation-Genres. Ach ja, der formidable Soundtrack des Films stammt von einem anderen Paten, dem Godfather of Soul, James Brown.

Wicked-Vision veröffentlicht Der Pate von Harlem als Nummer 10 ihrer Black Cinema Collection in einer Scanavo BD-Box (Blu-ray und DVD auf 1.500 Stück limitiert) und bringt somit die erste BCC zum Abschluss. Ja, richtig gelesen, die erste BCC ist nun vollständig und es wird auch noch eine zweite folgen. Das wurde vom Label bereits bestätigt sowie angekündigt, worüber wir uns sehr freuen! Bild (1,85:1; 1080p / 1,85:1 anamorph) und Ton (Deutsch + Englisch DTS-HD Master Audio 2.0 / Dolby Digital 2.0) bewegen sich wieder einmal auf recht hohem Niveau, da kann man sich absolut nicht beschweren. Auf Wunsch können deutsche oder englische Untertitel zugeschaltet werden (auch bei den Extras). Erlebt Larry Cohens Klassiker als europäische HD-Premiere, weltweit erstmals in zwei Filmfassungen und Unmengen an interessantem Bonusmaterial. Insgesamt handelt es sich bei Der Pate von Harlem wieder einmal um eine äußerst gelungene Edition, die bei Liebhabern und Freunden des Blaxploitation-Kinos enorm gut ankommen sollte.

Bonusmaterial:

• 2 Filmversionen via Seamless Branching: Rekonstruiertes Originalende & Alternatives MGM-Ende
• erstmals mit deutscher Kinosynchro und VHS-Synchro
• 28-seitiges Booklet mit einem Essay von Ingo Strecker und einem Geleitwort von Christoph N. Kellerbach —> hier kann man so einiges über den Hauptdarsteller sowie die Entstehung von Black Caesar erfahren.
• Audiokommentar mit Regisseur Larry Cohen
• Audiokommentar mit Dr. Gerd Naumann und Christopher Klaese —> wie auch schon bei den vorherigen VÖs der BCC bereitet es wahre Freude den beiden Kommentatoren bei ihren recht informativen sowie unterhaltsamen Ausführungen zu folgen. Gleich zu Beginn des Streifens stellt Herr Naumann die These auf (ähnlich wie bei Black Gunn), dass es sich bei Black Caesar gar nicht um einen Blaxploitation-Film handelt, sondern eher um einen klassischen Kriminal- bzw. Gangsterfilm, „der nur in Schattierungen dem Blaxploitation-Kino zugeordnet werden kann.“
• Alternative Enden
• Kino- und VHS-Vorspann
„Grindhouse-Version“: Deutsche Kinofassung in Deutsch und Englisch
„Genrevariationen und Social Consciousness“ mit PD Dr. Andreas Rauscher —> gestaltet sich wieder einmal enorm informativ
• Dokumentation: „The Brilliance of Blaxploitation“
• Deutscher Kinotrailer
• Originaltrailer
• Radio-Spot
„Trailers from Hell“ mit Larry Cohen
• Bildergalerie

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Freigabe: ab 16 Jahre
Ländercode: B / 2
Laufzeit: 93 Minuten (Original-Ende) / 96 Minuten (MGM Medley Ende) / 91 Minuten (DVD-Version mit Medley Ende)
Bildformat: 1,85:1 (1080p) / 1.85:1 (anamorph)
Sprache: Deutsch (Kino-Synchro), Deutsch (DVD-Synchro), Englisch
Tonformat: DTS-HD Master Audio 2.0 / Dolby Digital 2.0
Untertitel: Deutsch, Engisch
Untertitel Extras: Deutsch, Englisch
Verpackung: Scanavo BD-Box
Discs: 2
Format: Blu-ray & DVD
Disc-Typ: BD-50 / DVD-9

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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