Der Postmann – Il Postino

Der Postmann (Il Postino) ist eine anglo-italienische Filmproduktion aus dem Jahr 1994 unter der Regie von Michael Radford (1984). In den Hauptrollen sind Massimo Troisi, der den Film mitproduziert hatte, aber nach Drehschluss starb und posthum eine Oscarnominierung erhielt, und Philippe Noiret (Cinema Paradiso)  zu sehen. Die Musik von Luis Enrique Bacalov (Django) wurde dann 1996 mit einem Oscar ausgezeichnet, er erschien im Februar auf BluRay.

Der Fischerssohn Mario (Troisi) wächst auf einer kleinen Insel in Italien auf, die ein paar Jahre nach Kriegsende nach wie vor kein fließend Wasser hat und für einen jungen Burschen wie ihn nicht viel Perspektive bietet. Das Fischerleben ist nicht so unbedingt seins, so stürzt er sich auf ein Jobangebot als Briefträger des einzigen Empfängers auf der Insel: den kommunistischen Dichter Pablo Neruda (Noiret), der den wirren in seiner Heimat Chile entflieht und kurzzeitig in Italien Exil sucht. Der Kontakt mit dem Intellektuellen entflammt in Mario eine Liebe für Wörter und Poesie, und als er sich in die hübsche Beatrice (Maria Grazia Cucinotta) verliebt, sucht er Nerudas Rat, um sie  zu erobern….

Der Postmann / Il Postino

Es liegt ein Schatten auf diesem wunderschönen Film, denn der Mitautor, Mitproduzent und Hauptdarsteller Troisi verstarb leider noch vor dem Kinostart. Wahrscheinlich hat er selbst den Film nie komplett gesehen. Somit ist der Film nicht nur eine Ode an die Poesie und das italienische Liebesleben, sondern auch ein Denkmal für den gefeierten Schauspieler. Durch den verzögerten Kinostart konnte der Film allerdings dann fünf Oscarnominierungen einheimsen, und Italowestern-Veteran Bacalov die goldene Statue für den subtilen aber mitreissenden Soundtrack für den Film nach Hause nehmen.

Der Postmann / Il Postino

Die Geschichte ist zwar an Nerudas echte Exilerlebnisse angelehnt, aber keine akkurate biografische Nacherzählung (siehe auch). Immerhin ist es eine gewitzte Verzwickung realer und fiktiver Elemente, aber nicht auf die fast schon depressive Art wie zum Beispiel in Stromboli, sondern auf eine leichtherzige Weise, die ein wenig an Malena erinnert. Radford gelingt der Spagat zwischen Liebesgeschichte, Literaturdrama und Nachkriegs-Aufnahme. Dabei spielt der Film gekonnt an sowohl auf den Neorealismus und die bittere Armut in Italien nach dem Krieg, aber auch auf den kulturellen Reichtum und die Lebensfreude. Erinnerungen an Cinema Paradiso werden wach, nicht zuletzt wegen Noiret, aber ich denke auch die expliziten Erwähnungen des Dorfkinos sind kein Zufall.

Der Postmann / Il Postino

Der Fokus auf den ungebildeten Mario und dessen Freundschaft zu dem gebildeten und weltgewandten Neruda machen den Film zu einem herzzereissenden und interessanten Blick auf den kulturellen Kontrast der Zeit. Der Film ist nie politisch, die historischen Brennpunkte um den politischen Konflikt in Italien und Chile sind aber sowohl „comic relief“ als auch wichtiger Kontext, und letztendlich auch sowohl Marios Schicksal als auch Nerudas Aufenthaltsgrund in Italien (zumindest im Film, im wahren Leben ging er in erster Linie nach Spanien und später nach Paris). Es ist ein wunderschön gefilmtes Werk mit großartiger Musik, guten Schauspielern und einer Geschichte, die schnell vorüber zieht. Ein kurzweiliges Italienepos das bescheiden daher kommt. Ein großer Verdienst für die Filmwelt der 90er.

Der Postmann / Il Postino

Die BluRay nennt sich immerhin „Special Edition“, also mal sehen. Der Audiokommentar mit Michael Bradford ist sehr informativ und tiefgründig, sehr szenenspezifisch und teilweise auch technisch. Natürlich erinnert er sich mit Wehmut an den verstorbenen Troisi. Sehr empfehlenswerter Kommentar. „Begegnung mit Pablo Neruda“ ist ein halbstündiges Feature über den chilenischen Dichter moderiert von Jennifer Beals (Four Rooms, Flashdance) in dem man viele seiner Gedichte hört, einige Filmausschnitte und Zeitzeugen. Ganz nett aber vom Informationsgrad eher mittel. In „Stars lesen Pablo Neruda“ geht es, wie der Titel sagt, um diverse Stars die aus seinen Gedichten lesen. Material daraus taucht auch zu in dem oben schon genannten Feature. Es ist aber nur 4 Minuten lang, und tatsächlich eine Werbung für ein entsprechendes Audiobook dass von Miramax (die den Film mit produziert und in den USA vertrieben haben) wohl veröffentlicht wurde damals, und eben nicht dieses an sich. Hinzu kommt noch der Englische Trailer (man hat sich wohl nicht die Mühe gemacht, zu dem von Miramax eingekauften Material noch den deutschen Trailer  hinzu zu fügen) und eine Bildergalerie. Auf der Koch Media Website stand, es gäbe ein Interview mit Bacalov, dem ist nicht so.

Der Postmann / Il Postino

Die Sprachoptionen sind ein wenig seltsam. Nachdem es ja schon ein Miramax-Einkauf zu sein scheint, verwundert es, dass eine englische Tonspur fehlt, oder Untertitel. Es liegen somit die deutsche Synchronfassung (getestet) in DTS-HD 2.0 und der italienische Originalton in DTS-HD 5.1 vor, deutsche Untertitel optional. Die Tonspur klingt sehr gut und lässt keine Wünsche offen. Sehr seltsam ist, dass die italienische Tonspur klingt, als würde sie leiern wie eine alte Musikkassette, das ist extrem störend – absolut sofort auffällig – und sehr verwunderlich. Das Bild sieht ausgezeichnet aus, ist aber stellenweise etwas blass und zu hell, vor allem Schwarztöne sind dadurch eher grau.

Fazit: Ein herausragender italienischer Film voller Freude und Schönheit. Die BluRay bietet recht gute Qualität und wenige, dafür interessante Extras. Leider ist die italienische Tonspur ein Skandal, da bleibt also ohnehin nur die deutsche Synchronfassung. Wem das nichts ausmacht, ist mit dieser BluRay sehr gut bedient.

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postino - postmann BluRay

Die BluRay wurde uns freundlicherweise von Koch Media zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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