Harry mit den Langen Fingern
Harry in Your Pocket (Harry mit den langen Fingern) ist eine Gaunerkomödie von Bruce Geller aus dem Jahr 1973.
Der etwas unbeholfene Taschendieb Ray Haulihan (Michael Sarrazin) und die am Bahnhof gestrandete junge Sandy (Trish van Devere) schließen sich aus Not den Profigaunern Harry (James Coburn) und Casey (Walter Pidgeon) an. Zu viert wollen sie gezielt Passanten um ihre Portmonnaies erleichtern. Dass Harry und Sandy sich gut verstehen, gefällt Ray nicht, und so beginnt der, sich stärker auf eigene Faust ans Gaunern zu machen, Casey unterstützt ihn dabei. Als die Gruppe auf Druck der Seattle Polizei nach Kanada absetzen um dort ihr Glück zu versuchen, kommt es fast zum Bruch in der Gang, und Casey wird gar verhaftet. Die übrigen machen sich nach Salt Lake City, wo sie erneut ins Fadenkreuz der Ermittler geraten…..
Der Film verschwendet nicht viel Zeit um sich als fest in der Ära verankertes Werk zu etablieren. Locations, Klamotten, Musik, Autos und Attitüden, es ist zwar nicht mehr so quietsche bunt wie Ende der 60er aber der Film versprüht noch ganz viel Aura der frühen 70er. Dazu gehören neben den schweren Karossen aber auch überholte Frauenbilder. Gleichzeitig ist der Film auch recht modern, unter anderem in einer Szene in der über das Ende des Bargelds philosophiert wird. Wie dem auch sei, wir werden als Zuschauende in die Welt professioneller Taschendiebe geworfen, und dürfen dabei auch ganz viel Jargon lernen. Es macht daher Spaß, zuzusehen wie Harry und Casey aus Ray und Sandy zwei wertvolle Teammitglieder machen. Zu viert wird dann ordentlich stibitzt. Dabei ist der Film zumeinst eher heiter, aber keine vollwertige Komödie.
Risse entstehen durch den Konflikt zwischen dem rücksichtslosen Schwerenöter Harry und dem etwas naiven Anfänger Ray, zwischen den beiden die hübsche Sandy – das kann nicht gut gehen, und tut es auch nicht. Interessanterweise kämpft Casey mit seinem Kokainkonsum und Harry ist durchaus Polizeibekannt. Die beiden jungen Newcomer lernen also auch, dass sie sich auch in der Hinsicht auf einiges an Risiko einlassen als sie sich für diesen Karriereweg entscheiden. Etwas schwer nachvollziehbar bleibt wie Sandy, nur weil ihr im Bahnhof das Gepäck und Brieftasche geklaut wird und glaubt ihr bliebe außer eines Lebens außerhalb von Recht und Ordnung keine Alternative. Aber so waren die wilden 70er, da lief ein hübsches Mädel gern mal einem wilden jungen Bub hinterher und erlebten Abenteuer. Hach.
Bruce Geller hat überhaupt nur zwei Spielfilme gedreht,ansonsten ist er bekannt als der Schaffer der beiden Hit-Serien Mission: Impossible und Mannix. Coburn gehört zu Hollywoods dicksten Schiffen, auch wenn ihn die jüngere Generation kaum aus einer Hand voll Filmen kennt. Er startete in den 50ern im Fernsehen, vor allem in Western. Auch nach einer Rolle in Die Glorreichen Sieben, 1960, ging es für ihn auf der Leinwand noch nicht gleich bergauf. Er war dann 1963 in Gesprengte Ketten zu sehen, 1965 in Peckinpah’s Major Dundee und dem familientauglichen Piratenfilm A High Wind in Jamaica (auch bei Explosive Media auf BluRay). Erst ab 1966 in Our Man Flint (der erfolgreich genug für eine Fortsetzung war) wurden die Kinorollen zahlreicher. Dazu gehören auch Sergio Leone’s Todesmelodie (1971), nochmal Peckinpah in Pat Garrett and Billy the Kid (1973) oder Walter Hills exzellentem Hard Times von 1975. Mit einigen Ausnahmen war er dann ab den 80ern wieder nur im TV aktiv, er verstarb 2002.
Sarrazin gelang in den 60ern der Durchbruch, dazu gehörten Filme wie Eye of the Cat und They Shoot Horses Don’t They? Zum Ende der 70er landete er dann im Fernsehen wo er bis vor circa 10 Jahren noch präsent war. Trish van Devere sagte mir irgendwie gar nichts, aber sie spielte in einer ganzen Reihe interessanter Filme mit (z.B. The Last Run oder The Hearse), unter andere mit ihrem Mann George C. Scott (Patton). Walter Pidgeon hingegen hat über 130 Credits auf dem Buckel, dazu gehören Filme wie Funny Girl, Warning Shot, The Shortest Day und viele TV-Produktionen. Harry in your Pocket war einer seiner letzten. Der Film ist unterhaltsam, besticht mit einer guten Besetzung und viel Atmosphäre seiner Zeit. Das macht Spaß, wenn man sich nicht zu viel erwartet (zu viel Spannung, zu viel Action, usw.).
Die BluRay von Explosive Media bietet mittelmäßiges Bild (das u.a. in dunklen Szenen stark schwächelt, insgesamt aber zufriedenstellen ist) und etwas dürftigen Ton (Englisch getestet; klingt über weite Strecken nicht so gut, rauscht leicht oder man kann Dialoge nicht gut hören). Es gibt auch eine deutsche Synchronfassung sowie Untertitel auf Deutsch oder Englisch. Der Trailer ist das einzige Extra.
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