Im Schloß der blutigen Begierde / Castle of the Creeping Flesh / Appointment with Lust

Gelangweilt von den Besuchern seiner Party und getrieben von sadistischen Neigungen überredet Baron Brack die schöne Elena, ihn in sein abgelegenes Jagdhaus zu begleiten, wo er seinen teuflischen Absichten sofort nach der Ankunft grausame Taten folgen lässt. Elenas Schwester, ihr Verlobter und einige Freunde reiten ebenfalls zu Bracks Anwesen, doch das gesellige Beisammensein wird unterbrochen, als die gedemütigte Elena verzweifelt die Flucht ergreift. Auf der Suche nach ihr findet sich die Gruppe in dem geheimnisvollen Schloss des Grafen von Saxon ein, der seinen unerwünschten Gästen widerwillig Unterkunft gewährt. Doch bereits in der ersten Nacht offenbart sich das verstörende Familiengeheimnis der Saxons, welches allen Anwesenden das nackte Grauen beschert. Gefangen in einem alptraumhaften Sog aus sexuellen Gelüsten und eiskaltem Horror blicken sie in die höllischen Abgründe der menschlichen Seele! (Subkultur Entertainment)

Auf einer schwungvollen Cocktailparty lässt sich die kokette Elena Lagrange (Elvira Berndorff) vom Charme des Aristokraten Baron Brack (Michel Lemoine) von ihrem Verlobten weglocken. Er möchte ihr nämlich seinen wunderschönen Landsitz zeigen, wo sie beginnt mit ihm zu flirten und der gruselige Baron, von der Sinnlichkeit der jungen Frau vollkommen überwältigt sowie erregt, sie auf der Stelle vergewaltigt. Während sich Elenas Schwester Vera (Janine Reynaud) und ein paar weitere Partygäste auf der Suche nach dem Landhaus ein „aufregendes Pferderennen“ liefern. Von der Vergewaltigung „stark“ erschüttert, verhält sich Elena sehr ruhig (vor allem verliert sie keine einzige Silbe über ihre Schändung?!), während ihr ahnungsloser Verlobter Roger de la Valiere (Pier A. Caminecci), George von Kassell (Jan Hendricks), dessen Schwester Marion (Claudia Butenuth), Vera und Brack eine lebhafte Diskussion über lokale Legenden führen. Eine dieser Legenden involviert einen mörderischen Bären, der Berichten zufolge auf dem Anwesen umherstreifen soll. Eine andere erzählt von der brutalen Vergewaltigung einer jungen Frau, der Tochter des Grafen von Saxon, durch einige Söldner im 30jährigen Krieg. Aufgrund dieser Geschichte schnappt Elena nun vollkommen über und reitet überstürzt davon. Ihre besorgten Freunde nehmen die Verfolgung auf, nur um sich im unheimlichen Schloss des Grafen von Saxon (Howard Vernon) wiederzufinden, wo ausgesprochen seltsame Dinge vor sich gehen (um es noch gelinde auszudrücken).

Die Anwesenheit des Charakterdarstellers Howard Vernon und des rothaarigen Sexploitation-Stars Janine Reynaud (gepaart mit der verträumt willkürlichen Struktur der Geschichte) lässt vermuten, dass es sich bei dem Mann hinter Im Schloß der blutigen Begierde (als Percy G. Parker gelistet) in Wirklichkeit um „Trash“-Film-Autor Jess Franco unter einem seiner vielen Pseudonyme handelt. Franco war sogar tatsächlich am Drehbuch beteiligt, das angeblich auf einem von William Shakespeares Theaterstücken basieren soll (auf welchem denn genau, bitte schön?!). Während Francos … ähm … recht exzentrischer Touch innerhalb der zügellosen Mischung aus modernem Drama, halbparodistischem Gothic-Horror, esoterischer Philosophie, schräger Wissenschaft sowie Softcore-Sex ziemlich offensichtlich zur Geltung kommt, war der eigentliche Schuldige, der sich für dieses Machwerk verantwortlich zeichnet, das deutsche Matinee-Idol Adrian Hoven, der sich zu einem Minimogul für Exploitation-Filme entwickelt hatte. Hoven verdiente sich später einen kleinen Namen innerhalb der Geschichte des Horrorfilms als Produzent und Drehbuchautor des Proto-Folterpornos Hexen bis aufs Blut gequält (1970) und führte auch bei dessen Fortsetzung Hexen geschändet und zu Tode gequält (1973) Regie.

Sein Produktionspartner Pier Andrea Caminecci hat hier einen seltenen Auftritt, wobei er eine relativ große Nebenrolle übernimmt. Die Beteiligung Camineccis (der ein wohlhabender Geschäftsmann war), ist insofern als ungewöhnlich zu bezeichnen, da er hauptsächlich ins Filmgeschäft abdriftete, weil er sich für Janine Reynaud interessierte, die zu dieser Zeit noch mit ihrem häufigen Co-Star Michel Lemoine verheiratet war. Berichten zufolge drückte Lemoine bei der Affäre seiner Frau mit Caminecci schon mal gerne ein Auge zu, weil es gut fürs Geschäft gewesen sein soll. Lemoines finsterer Rohling mit glasigen Augen wirkt wie eine frühe Variante des mörderischen schizophrenen Aristokraten, der in seinem späteren selbst inszenierten Sexhorror-Opus Les week-ends maléfiques du Comte Zaroff (Seven Women for Satan, 1976) auftauchen würde. Doch während der erste Akt scheinbar Baron Brack mit seinem erschütternden sexuellen Übergriff auf Elena als unseren Bösewicht etablieren möchte (es versteht sich von selbst, dass der Film eine problematische Fixierung auf Vergewaltigung an den Tag legt, ist eben aber auch als ein Exploitation-Flick aus den späten Sechzigern anzusehen), kommt plötzlich Howard Vernon als Graf von Saxon um die Ecke.

Der bemerkt nämlich umgehend Veras Ähnlichkeit mit seiner bereits verstorbenen Geliebten sowie Marions mit seiner ebenso verstorbenen Tochter. Denn es stellt sich heraus, dass seine Tochter Katharina das von den Söldnern vergewaltigte und ermordete Mädchen aus der alten Legende ist. Das Ganze geschah angeblich auf Geheiß der eifersüchtigen Geliebten des Grafen. In einer (vermutlich unbeabsichtigt) urkomischen Szene präsentiert Alecos (Vladimir Medar), der undurchsichtige Diener des Grafen, den Gästen einige Wachsfiguren, die die Gruppenvergewaltigung der jungen Frau nachbilden, komplett mit entnervenden Soundeffekten. Also etwas, worauf die meisten trauernden Väter normalerweise sehr gerne verzichten könnten. Keiner der Besucher scheint besonders betroffen davon zu sein, obwohl sich Vera nun auf unerklärliche Art und Weise erregt fühlt. Später, als sie im Bett liegt, wird sie von einen Fiebertraum des Angriffs auf Katharina heimgesucht und streichelt dabei ihre nackten Brüste, während eine Stimme aus dem Hintergrund Passagen aus Shakespeares Werk rezitiert, die allerdings eher so klingen, als kämen sie vom Marquis De Sade. Der Großteil der Handlung (wenn man dieses Brimborium überhaupt so nennen kann?!) entfaltet sich im gruseligen Schloss des Grafen, wo die Protagonisten, darunter eine scheinbar komatöse Elena, die Nacht verbringen.

Natürlich nicht ahnend, dass der Graf gemeinsam mit einem mysteriösen Wissenschaftler grausame Experimente in seinem geheimen Labor durchführt, um totes Fleisch wieder zum Leben zu erwecken. Während des Finales erfährt das Publikum dann, dass der rätselhafte Helfer niemand anderen repräsentiert als den Sensenmann höchstpersönlich. Eine wahrlich schockierende Offenbarung, die sich als viel effektiver erwiesen hätte, wenn Hoven ihn etwas deutlicher gefilmt hätte, da es sich recht schwierig gestaltet sein skelettartiges Gesicht erkennen zu können. Obwohl sich die schnippischen, selbst bezogenen Protagonisten als ein enorm unsympathischer Haufen erweisen, verzichtet Im Schloß der blutigen Begierde komischerweise darauf auch nur irgendeine der Figuren zu entsorgen. Abgesehen von der gelegentlichen Einfügung von grafischen Szenen einer realen blutigen Operation, gibt es tatsächlich keine Sequenzen, die man im herkömmlichen Sinne als Schauder erregend einstufen könnte. Nichtsdestotrotz bringt Hovens, Francos und Eric Martin Schnitzlers Drehbuch eine beliebte Euro-Horror-Zutat zum Einsatz, in der die Figuren in einer zyklischen Nachstellung vergangener Sünden gefangen sind. Diese Idee – lose von der bahnbrechenden britischen Horror-Anthologie Dead of Night (Traum ohne Ende, 1945) abgeleitet – taucht in Antonio Margheritis interessantem The Unnaturals – Contronatura (Schreie in der Nacht, 1969) und vor allem in Mario Bavas eindringlichem Meisterwerk Lisa e il diavolo (Lisa und der Teufel, 1973) wieder auf.

Genauso wie Bavas Film strebt Im Schloß der blutigen Begierde eher danach, ein träumerisches, esoterisches Werk voller Fantasie, als ein Fest voller Schrecken darzustellen. Leider wird der Film von Hovens weitschweifiger, zusammenhangloser Regie im Stich gelassen, die eine ohnehin schon schmale Laufzeit mit langweiligen Szenen auffüllt, in denen Figuren über Leben, Liebe und Tod philosophieren. Ausgeglichen werden soll das Ganze durch gelegentliche exzentrische Momente, darunter die Nachbildung der Essensflirtszene aus Tom Jones – Zwischen Bett und Galgen (1963); Baron Brack, der plötzlich von einem Mann im Bärenkostüm das Gesicht zerkratzt bekommt, was zu nichts führt, außer, dass er danach mit blutiger Fratze durch die Gegend wandelt und Janine Reynaud, die einen Großteil des dritten Akts oben ohne nur in ihrer Unterwäsche herumhüpft. Letztendlich hat sie eine ziemlich „spektakuläre“, scheinbar nicht simulierte Sexszene mit Caminecci, die sich umso einprägsamer gestaltet, weil George plötzlich im Zimmer steht und laut heraus brüllt, Marion werde vermisst. Allerdings lassen sich die beiden bei ihrem Liebesspiel nicht stören und machen einfach weiter, weswegen er den Raum eben wieder verlässt. Offensichtlich war für Caminecci mehr aus diesem Film herauszuholen, als für das Publikum.

Special Features:

Adrian in the Castle of Bloody Lust – Archival Interview with Joyce Hoven and Percy Hoven
• MARK OF THE DEVIL Q&A with The Hoven Family at Austrian Pulp Film Fest
• Locations Featurette
• Trailers – English / German / Alt Title APPOINTMENT WITH LUST
• Textless Opening Credit Sequence
• German Opening Credit Sequence

Bei Severin Films bestellen

Disc Specs:

Aspect Ratio: 1.66:1
Audio: English Mono and German Mono
Subtitles: English
Closed Captions: English SDH
Region: 0/Free

https://www.youtube.com/watch?v=9SwoXwOisRo&t=5s

Leider ist die Edition Deutsche Vita von Subkultur Entertainment im seriösen Handel nicht mehr erhältlich !!!

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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