5 bambole per la luna d’agosto / Five Dolls for an August Moon

George Stark lädt eine Gruppe von Leuten, darunter Erfinder Professor Gerry Farrell, auf seine Privatinsel ein, um dort Urlaub zu machen. Starks wirkliche Absicht ist es jedoch Farrell unter Druck zu setzen, damit der ihm die Rechte an seiner neuesten Erfindung überschreibt. Allerdings beginnen sich die Dinge komplizierter zu gestalten, als jemand damit beginnt die Gäste nacheinander umzubringen.

5 bambole per la luna d’agosto stellte einen überraschenden Auftrag für Regisseur Mario Bava dar. Das Projekt wurde in letzter Sekunde an ihn herangetragen, als sich ein früherer, nicht identifizierter Regisseur aus dem Film zurückzog. Bava hasste das Skript und bat um die Möglichkeit ein neues Drehbuch zu schreiben, aber die Produktion sollte beginnen, woraufhin er den Auftrag nur widerwillig annahm. Five Dolls For An August Moon bleibt einer seiner am heißesten diskutierten Titel und wurde vom Regisseur selbst als sein schlechtester Film angeführt. Wie jedes traditionelle Hitchcock-Mysterium beruht die Handlung auf dem Gebrauch eines MacGuffins (wörtlich: ein schlecht erklärtes Objekt, dessen genauere Einzelheiten weniger wichtig sind, als der Wunsch der Charaktere es zu besitzen), um die Handlung voranzutreiben. Der MacGuffin in diesem Film ist eine revolutionäre neue Art von Industrieharz. Stark (Teodoro Corrá) und seine Geschäftspartner wollen die Vertriebsrechte an der Erfindung unbedingt erwerben, auch wenn dies buchstäblich bedeutet, ein paar Menschen in den Rücken zu stechen. Bavas traditionelles Thema, wonach sich gierige Menschen auf der Suche nach Reichtum gegenseitig umbringen, ist also vorhanden, wobei der Schwerpunkt erneut darauf liegt, zu sehen, wie Menschen ihren farbenfrohen Schicksalen begegnen.

Achtung Spoiler !!!

Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem, was Bava in 6 donne per l’assassino (Blutige Seide, 1964) etablierte und in Ecologia del delitto (Im Blutrausch des Satans, 1971) mit aller Macht zurückkehren würde. Für einen Großteil der Laufzeit scheinen Professor Farrell (William Berger) und die dünne, ungesund aussehende Isabelle (Ely Galleani) die Ausnahme von der zynischen Regel zu sein, da sie als human und frei von jeglicher Art von Gier präsentiert werden. Bava hat Spaß daran, diesen Aspekt auf den Kopf zu stellen, da das Finale diese „Ausnahme“ als eine weitere Illusion entlarvt. Professor Farrell muss im Gefängnis schmachten, weil er die Morde angezettelt hat, während Isabelle das Beste aus einer schlechten Situation macht, indem sie das Geld nimmt und davonläuft. Dieses Ende antizipiert die ähnlich ironische Wendung von Cani arrabbiati (Wild Dogs, 1974), in der sich der scheinbar unschuldige Riccardo letztendlich selbst als kaltblütiger Entführer herausstellt. Der exzellente Gebrauch des Dekors verleiht dem Film einen echten Vorteil. Anstatt sich auf ein von ihm verachtetes Drehbuch einzulassen, entschloss sich Bava, es zu ignorieren und den Film zu einer absoluten Stilübung zu machen. Besonders interessant ist die Art und Weise, wie er die Landschaft im Verhältnis zum klaustrophobischen Setting der Insel nutzt.

Lange, sinnliche Kamerafahrten betonen die scheinbare Weite des Raums, doch letztendlich sind die Charaktere auf jeder Seite vom Ozean gefangen, der sie umgibt. Merkwürdigerweise beschließt Bava dieses Mal die unangenehmeren Aspekte von Gewalt auszulassen. Bereits bei Blutige Seide hatte Bava damit begonnen, die Art von hyper-stilisierten murder set-pieces zu perfektionieren, die einen so starken Einfluss auf Dario Argento und andere Giallo-Regisseure hatten. Five Dolls for an August Moon repräsentiert einen weiteren „Body Count“ – Film, obwohl beinahe alle Morde off-camera stattfinden. Doch warum nur? Möglicherweise war es Teil von Bavas völliger Verachtung für das Projekt, dies scheint jedoch unwahrscheinlich. Möglicherweise hinderten ihn das äußerst geringe Budget und die mangelnde Vorbereitungszeit daran, die erforderlichen Make-up-Effekte erzielen zu können. Was recht logisch erscheint. Es könnte sich auch um schwarzen Humor handeln, der mit Bavas unorthodoxen Herangehensweise an das „Genre“ vereinbar wäre. Bava scheut keine aufwändigen Enthüllungen – einige der beeindruckendsten Visuals beinhalten die Entdeckung der verschiedenen Leichen, ganz zu schweigen von den wunderbaren Szenen, in denen die Leichen in Zellophan verpackt sind (ähnlich wie die toten Astronauten aus Terrore nello spazio / Planet der Vampire, 1965) und unter anderen Fleischstücken kühl gelagert werden.

Eine Leiche wird am Strand gefunden, sein weißes Hemd ist mit Blut befleckt, während Sandkrabben beginnen darauf herumzukrabbeln. Eine andere ist in BH und Slip an einen Baum gebunden. Eine weitere wird in einer schönen Badewanne gefunden, wobei sich das klare Wasser mit Blut vermischt, und so weiter. Diese wunderbaren Stillleben-Bilder lenken leicht von der Tatsache ab, dass der Plot nicht immer viel Sinn ergibt. In gewisser Weise geht es in dem Film um Stil und Technik. Die skizzenhaften Charakterisierungen, verschwommenen Handlungsentwicklungen und das vage definierte Motivationsgefühl dienen dazu, die Geschichte in den Hintergrund zu rücken, genau dorthin, wo Bava sie haben möchte. Nirgendwo ist dies so offensichtlich zuerkennen, wie in der Figur der Isabelle, die wie ein Flüchtling aus einem anderen Film in die Geschichte hinein- und hinausschwebt. Der Zuschauer fragt sich, was sie wirklich mit dem Plot zu tun hat, doch es gibt vereinzelte Hinweise für die aufmerksameren Betrachter: im Grunde befindet sie sich bis zur Rückkehr ihrer Eltern in der Obhut der Starks. Trotzdem entwickelt sie sich zu einer der wichtigsten Charaktere: immerhin ist sie es, die mit dem Geld und Farrells geheimer Formel davonkommt.

Normalerweise wäre eine solche unbekümmerte Missachtung der Handlung fatal, insbesondere in einem Thriller wie diesem, in dem es sich wirklich lohnt zu verstehen, wer wen zu welchem Zweck tötet. Im Fall von Five Dolls for an August Moon stellt sich dies jedoch als weniger problematisch heraus, da das schiere Können und die Vorstellungskraft von Bavas Filmemachen dazu beiträgt, die Aufmerksamkeit von den plot-holes abzulenken. Letztendlich dürfte dieser als Bavas verrücktester Film in Erinnerung bleiben. Im Rahmen des filone Giallo unterscheidet er sich in jeder Hinsicht von seinen anderen Thrillern. Sogar der Titel ist seltsam – so poetisch wie unsinnig. Man kann daraus schließen, dass sich die Puppen auf die fünf weiblichen Charaktere beziehen, aber warum sollten sie für eine solche Bedeutung hervorgehoben werden? Die Wahrheit ist, dass der Film zu einer Zeit herauskam, zu der Gialli damit begannen, stets farbenfrohere Titel verliehen zu bekommen. Der Streifen wurde in Italien zur gleichen Zeit wie Dario Argentos Debüt L’uccello dalle piume di cristallo (Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe) im Februar 1970 veröffentlicht. Argentos Blockbuster hauchte dem Giallo neues Leben ein, während der internationale Erfolg, den seine Filme in den kommenden Jahren verzeichnen würden, ihm ermöglichte Bava bei der Namenserkennung bei weitem zu übertreffen.

Angesichts der Tatsache, dass 5 bambole per la luna d’agosto vor dem Erfolg dieses Films gedreht wurde, könnte man vermuten der Titel sei eher aufgrund seiner auffälligen Qualitäten ausgewählt worden, denn als Versuch Argento zu imitieren. Die Besetzung besteht aus einer Reihe bekannter Gesichter des Euro-Kult Milieus. Der in Österreich geborene Schauspieler William Berger war bereits im Gothic-Horror / Giallo-Hybriden La lama nel corpo (Die Mörderklinik, 1966) aufgetreten. Er liefert mit einem eher schlecht entwickelten Charakter anständige Arbeit ab, bekommt aber nicht viel Gelegenheit, sich wirklich auszuzeichnen. Teodoro Corrà gibt eine starke Vorstellung als Stark und sollte mit Bava als noch überlebensgrößerer Bösewicht in Roy Colt & Winchester Jack (3 Halunken und ein Halleluja, 1970) wieder zusammenarbeiten. Seinem energischen Auftritt zu folgen stellt ein wahres Vergnügen dar. Corrà arbeitete nicht nur als Schauspieler, sondern war auch ein produktiver Produktionsmanager. Zu seinen Verdiensten in dieser Funktion gehören Gialli wie Antonio Bidos Solamente nero (Schatten des Todes, 1978) sowie Lamberto Bavas Body Puzzle – Mit blutigen Grüßen (1992).

Ein weiteres Highlight der Besetzung repräsentiert die außergewöhnlich attraktive Edwige Fenech, die als liebenswürdig nuttige Marie in einer ihrer frühesten Rollen spielt. Fenech gab ihr Giallo-Debüt mit Ottavio Alessis ruhmreichen Top Sensation (Sklaven ihrer Triebe, 1969) und wurde dank Titeln wie Lo strano vizio della signora Wardh (Der Killer von Wien, 1971) und Nude per l’assassino (Nackt für den Killer, 1975) zu einer der Ikonen des filone. Maurice Poli zeigt sich als der zynische Nick ebenfalls in guter Form. Er muss Bava wohl ziemlich beeindruckt haben, da er den Schauspieler später in Cani arrabbiati noch stärker in Szene setzte. Der statuenhaften Ira von Fürstenberg war keine besonders produktive Karriere als Schauspielerin beschieden, hier hat sie als eiskalte und gebieterische Trudy jedoch einen äußerst effektiven Auftritt. Sie würde mit Giornata nera per l’ariete (Ein schwarzer Tag für den Widder, 1971) noch einen weiteren „Genre“-Eintrag verzeichnen. Die restliche Besetzung füllt ihre Rollen kompetent aus, allerdings ohne sich dabei richtig profilieren zu können. Es ist eventuell noch erwähnenswert, dass Bava zum einzigen Mal auch als Editor bei einem seiner Filme fungierte. Es bleibt unklar warum er sich dafür entschieden hat den Film selbst zu schneiden, doch wahrscheinlich war es finanziell notwendig, um etwas Geld zu sparen. Bava erinnerte sich später mit großer Begeisterung an den Bearbeitungsprozess, obwohl er vorher oder nachher nie in offizieller Funktion in diesem Bereich gearbeitet hatte. Dennoch war er stets in die Nachbearbeitung all seiner Filme involviert.

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Darsteller: Edwige Fenech, William Berger, Ira von Fürstenberg
Regisseur(e): Mario Bava
Format: PAL, Import
Sprache: Italienisch (Dolby Digital 1.0), Englisch (Dolby Digital 1.0)
Untertitel: Englisch
Region: Region B/2
Bildseitenformat: 16:9 – 1.85:1
Anzahl Disks: 2
FSK: Nicht geprüft
Studio: Arrow Video
Produktionsjahr: 1970
Spieldauer: 81 Minuten

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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