Fallen Angels

Fallen Angels

Fallen Angels ist ein melancholischer Episodenfilm von Wong Kar-Wai (As Tears Go By) aus dem Jahr 1995 mit Michelle Reis (Casino Tycoon II), Leon Lai (Infernal Affairs III), Takeshi Kaneshiro (Red Cliff), Charlie Yeung (Bankok Dangerous) und Karen Mok (A Chinese Odyssey) den Hauptrollen.

Wieder prallen die nächtlichen Abenteuer verschiedener Personen in Hong Kong aufeinander. Da wäre einmal die Agentin (Michelle Reis) des Killers Wong Chi-Ming (Leon Lai). Sie besorgt die Jobs, kassiert und kundschaftet aber auch das Zielgebiet für ihn aus. Hinterher verwischt sie seine Spuren – doch diese Nähe und doch nicht Nähe bekommt ihr nicht, sie empfindet Gefühle für ihn. Als Wong nach einem Auftrag verwundet ist, möchte er aussteigen, und versucht die Agentin zu treffen. Außerdem streift der stumme Gauner He Zhiwu (Takeshi Kaneshiro) durch die Nacht. Er bricht in Läden anderer ein und wirtschaftet von dort aus in seine eigene Tasche. Er wohnt zuhause mit seinem Onkel (Man-Lei Chan), der hauptberuflich an der Rezeption eines Hostels in den Chungking Mansions arbeitet. Und a wäre dann noch die Prostituierte Cherry (Charlie Yeung), fest entschlossen es ihrem Ex heimzuzahlen. Jeden Abend läuft Zhiwu ihr über den Weg und lässt sich von ihm trösten; dann streunen die beiden durch die Nacht, auf der Suche nach Blondie (Karen Mok), der ihr den Freund ausgespannt hat. Doch als er der mysteriösen Agentin begegnet, verliebt er sich in sie. Gemeinsam fahren sie auf seinem Motorrad durch die nacht, nur um sich dann nie wieder zu sehen…..

Fallen Angels

Als quasi-Nachfolger von Chungking Express, bzw. eigentlich als Teil davon gedacht, wirkt der Film auf mich etwas suboptimal. Vielmehr ist es ein Gegenstück zum vorher genannten (im ersten sind Polizisten im Fokus in diesem Gauner und Killer). Während Fallen Angels audiovisuell nochmal einen drauf setzt wie ich finde, so kann er mich dennoch nicht so fesseln, die Geschichten etwas wirrer und eine der Stories wirkt aufgesetzt und fast schon nervig: Kaneshiro spielt zwar super, aber ich könnte gut ohne den Teil leben, womit man den Film hätte zusammenkürzen können. Der Film wird dadurch auch unnötig lang, oder wirkt zumindest so. Zwischen dem Ausflug ins Heroic Bloodshed Genre, dem voyeuristischen Blick auf Michelle Reis (in den krassesten Bangs ever) und dem Leben und Treiben in Shops und Restaurants wirkt der quirlige stumme Zhiwu etwas aus der Reihe. Der Film ist ja ohenhin etwas melancholischer und gar grimmiger als sein Vorgänger, aber auch inkonsequenter.

Fallen Angels

Wo Fallen Angels wirklich punkten kann wie gesagt ist künstlerisch. Den Stil von Chungking Express fortführend, lässt Wong Kar-Wai hier Christopher Doyle völlig frei drehen. Erneut wird mit Geschwindigkeiten, Sättigung, Belichtung und Distanzen gespielt, dass es eine wahre Freude für die Augen ist. Trotz der inhaltlichen Schwächen wie vorhin beschrieben (was man ja auch total anders sehen kann) ist der Film ein bahnbrechender Ritt durch die Hongkonger Nacht, rhythmisch einen hineinsaugend, leicht nervös und unruhig, melancholisch und doch voller Energie. Anders als der Vorgänger jedoch ist der Film in seinem Ausblick finsterer, das liegt schon an den Charakteren. Doch auch hier schwingt Romantik mit – von einem Protagonisten zum anderen und in Form der Liebe der Kamera für die Stadt.

Fallen Angels

Beeindruckend ist, das hat mich länger beschäftigt, dass Kar-Wai hier scheinbar seine eigenen Grenzen auszutesten scheint. Welch anderer renommierter Regisseur hätte sich erlauben können, Michelle Reis dabei zu filmen sich vor der Kamera zu befriedigen, und hätte er sich zwei Filme vorher schon getraut, teilweise in John Woos angestammtes Territorium vorzudringen? Kaneshiro, seins Zeichens damals Pop Sternchen und Musical-Star, darf nicht ein Wort reden in dem ganzen Film. Die Farbe wechselt nach Schwarz-weiß, die Kamera darf manchmal extrem nah an die Schauspielenden heran, und, sofern es nicht mir so ging, die Szenen sind auch mal unangenehm. Es ist ein etwas ungeschliffenerer Film, aber dennoch ganz Wong Kar-Wai und auf ganzer Linie mitreissend, choreographiert wie ein Tango durch die Nacht von Hong Kong.

Fallen Angels

Mehr Wong-Kar Wai bei Nischenkino:

Koch Films bzw. Plaion Pictures bringt den Klassiker auf 4K UltraHD BluRay. Damit füllen sich langsam die letzten Lücken. Es ist auch eine Box angekündigt, allerdings leider ohne die 4K Versionen (dafür mit Ashes of Time). Was für Chungking Express galt, gilt auch hier: Das Bild sieht absolut überragend aus. Farben, Schwarztöne, Kontraste, der Film sieht einfach traumhaft aus, trotz der stilistischen Experimente die das Bild natürlich oft auch etwas abgewandelt aussehen lassen, aber das ist ja Absicht: entsättigt, beschleunigt, und vieles mehr. Das Neon der Stadt, die melancholischen Barszenen, die Geschwindigkeitswechsel, die Emotionen, es sieht wunderbar aus. Der Ton, auch hier wieder Kantonesisch DTS-HD MA 5.1 klingt erneut hervorragend, dezent abgemischt, gute Dialogverständlichkeit und satter Sound ob Musik oder Atmosphäre. Die deutsche Synchronfassung (nicht getestet) gibt es nur in DTS-HD MA 2.0 und bietet kein so ein immersives Erlebnis. Untertitel gibt es auf Deutsch (leider nicht Englisch).

Die Extras bestehen einmal aus einem interessanten Interview mit Christopher Doyle (7:36min) über den Stil des Films. Dann gibt es den deutschen Trailer, den Originaltrailer und den HK Wiederaufführungstrailer. Wie schon beim Vorgängerfilm sind auch hier wieder entfallene Szenen enthalten, drei an der Zahl. „Only you“ (8min), „Whom you miss“ (4min) und „A beautiful evening“ (4min), die jeweils etwas mehr sind als nur Material vom Schneidetisch, denn Wong-Kar Wai erklärt Hintergründe und man lernt viel über den Film. Die erste zeigt etwas mehr von Kaneshiro beim rumblödeln und auch ein wenig mehr mit Michelle Reis Zeit verbringend, hinterlegt von dem damit ein wenig zu Tode genudelten Song. Der zweite Clips ist eigentlich kein Outtake sondern mehr eine Hommage. Er beschäftigt sich mit dem echten Chungking Mansions Geschäftsführer Man-Lei, der im Film Kaneshiros Onkel spielt, im vorangegangenen Film aber nur kurz zu sehen ist. Der dritte Clip geht näher auf die Schlussszene ein, von der Doyle schon mal gesagt hat sie gäbe Michelle eine Pinocchio-Nase, aber es gibt wohl schlimmeres als die Schönheitsönigin (Miss China usw) in der Nahaufnahme zu sehen. Hinzu kommen noch diverse andere Einstellungen zu dieser oder damit in Verbindung stehenden Szenen – sowie Aufnahmen vom Dreh von Fallen Angels selbst.

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Fallen Angels
Die UHD wurde uns zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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