Yankee / Yankee l’americano

„Für nichts, gibt es nichts.“ So lautet das Motto von dem Mann, den alle nur Yankee nennen. Er ist ein Kopfgeldjäger, der sich in die Bande des großen Concho geschlichen hat und dem brutalen Tyrann und seiner steckbrieflich gesuchten Gefolgschaft den Garaus machen will. Doch nicht nur, dass der wortkarge Fremde nach und nach Conchos Bande dezimiert – auch auf dessen Frau Rosita hat es der Eindringling abgesehen. (Koch Media)

Die meisten Leute kennen Tinto Brass nur als Regisseur von Filmen wie Salon Kitty (1956) oder Caligula (1979), doch bevor er sich mit Flicks wie Paprika (Paprika – Ein Leben für die Liebe, 1991) oder Così fan tutte (Eine unmoralische Frau, 1992) dem Erotikkino zuwandte, drehte er mehrere Avantgardefilme, die in italienischen Intellektuellenkreisen großen Anklang fanden. Außerdem fertigte er im Auftrag von Universitätsprofessor Umberto Eco zwei experimentelle Kurzfilme zur visuellen Sprache an. Und ja, er hat sogar auch bei einem Italo-Western Regie geführt. Thematisch gesehen handelt es sich bei Brass‘ Western Yankee um eine gar nicht mal so besondere Variante der Für eine Handvoll Dollar-Formel. Philippe Leroy mimt den Fremden in der Stadt, der eine ganze Menge Geld riecht, als ihm vom örtlichen Totengräber Consalvo (Francisco Sanz als Paco Sanz gelistet) von einem Mann namens Il Grande Concho (Adolfo Celi) erzählt wird, einem größenwahnsinnigen Banditen, der die gesamte Gegend beherrscht. Concho lebt in seinem eigenen Palast, einer ausgedienten Kirche (in der nicht mehr Gott, sondern er selbst verehrt wird), wo er von einer Armee von Handlangern umgeben ist. Im Büro des Sheriffs (Víctor Israel) bemerkt der Fremde, dass auf Concho und auf sämtliche seiner Männer ein Kopfgeld ausgesetzt wurde und die Bande somit ein Vermögen wert ist. Da lässt es sich der Yankee nicht nehmen einen Plan auszuhecken, um sie alle zu eliminieren und die Kopfgelder einzukassieren.

Das ist der Film, den wir kennen, doch anscheinend nicht der Film, den Tinto Brass im Sinn hatte. Ihm wurde doch tatsächlich sein gesamtes Material weggenommen und neu bearbeitet, damit das Ganze eher wie ein Spaghetti-Western à la Sergio Leone aussieht. Brass ließ sich nämlich von Salvador Dalis und Giorgio De Chiricos Gemälden inspirieren, genauso wie von Guido Crepaxs psychedelischen fumetti (siehe Kevin Grant, Any Gun Can Play, Seite 281). Außerdem hatte er seinen Film wie einen Stierkampf aufbauen wollen, mit Leroy in der Rolle des Torero, der sein Opfer hänselt und quält, bevor er ihm den estocada verpasst, den Stich durch das Herz. Trotz der Einmischung der Produzenten scheinen einige von Brass‘ ursprünglichen Intentionen noch immer durch: Die Actionszenen sind von den schnellen Schnitttechniken geprägt, die man aus Brass‘ Experimentalfilmen kennt, während viele Szenen – insbesondere die in der Kirche – eine gewisse psychedelische Atmosphäre versprühen.

Brass‘ Schnitttechniken sowie das ungewöhnliche framing (das oft nur ein Auge eines Charakters zeigt) verstehen es bestens eine vertraute, allzu vertraute Handlung wieder wettzumachen. Anfangs gestaltet sich sein Western etwas zu gesprächig, doch die Action nimmt in der zweiten Hälfte des Streifens deutlich an Fahrt auf, mit etlichen lebhaften Momenten und grotesker Metaphorik sowie freudianischer und biblischer Symbolik in Hülle und Fülle. Conchos Freundin Rosita (Mirella Martin) wird zum Beispiel nackt an einen Totempfahl gebunden, während Philippe Leroy auf symbolische Art und Weise auf einem von Flammen umgebenen Rad gekreuzigt wird. Leider kommt er als Fremder nicht sehr überzeugend rüber, doch Adolfo Celi spielt als bösartiger Concho – eine Kreuzung aus dem traditionellen Fernando Sancho-Typen eines mexikanischen Banditen, einem Mafia-Don und einem verderbten römischen Kaiser – ziemlich bemerkenswert auf.

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  • Seitenverhältnis:‎ 16:9 – 1.85:1, 16:9 – 1.78:1
  • Medienformat:‎ Dolby, PAL, Breitbild
  • Laufzeit:‎ 1 Stunde und 34 Minuten
  • Darsteller:‎ Philippe Leroy, Adolfo Celi, Mirella Martin, Francisco Sanz
  • Untertitel: ‎Deutsch, Englisch
  • Sprache: ‎Deutsch (Dolby Digital 2.0), Italienisch (Dolby Digital 2.0)
  • Studio:‎ Koch Media GmbH

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  • Seitenverhältnis: ‎16:9 – 1.77:1
  • Alterseinstufung: ‎Freigegeben ab 16 Jahren
  • Medienformat: ‎Dolby, PAL
  • Laufzeit: ‎1 Stunde und 34 Minuten
  • Darsteller: ‎Philippe Leroy, Adolfo Celi, Mirella Martin, Francisco Sanz
  • Untertitel: ‎Deutsch
  • Sprache: ‎Italienisch (Dolby Digital 2.0), Deutsch (Dolby Digital 2.0)
  • Studio: ‎Koch Media GmbH 

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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