Blut eines Bullen / Sangue di sbirro / Blood and Bullets

Joe Caputo, ein New Yorker Polizist, der für sein gnadenloses Vorgehen bekannt war, wurde ermordet. Es geht das Gerücht um, dass es sich dabei um eine Aktion des örtlichen Mafiachefs Mallory gehandelt habe. Dan Caputo, der Sohn des Opfers, kommt in die Stadt, um die Hintergründe des Todes aufzudecken. Zwar scheitert ein erster Mordanschlag auf ihn, kostet aber vielen Unschuldigen das Leben. Die Polizisten Leutnant Sharp und Captain Jeffrey stehen Caputo aber mit Misstrauen gegenüber. Sie warnen ihn und seine langjährige Freundin Susan vor weiteren Nachforschungen. Dan hört jedoch nicht auf sie und muss sich vor vielen Gegnern verstecken. Er findet einen Unterstützer im Ganoven Duke. Langsam scheint Licht in die Sache und es kommt zum Endkampf! (X-Rated)

Kurzinhalt inkl. Spoiler !!!

Dan Caputo (George Eastman), ein ehemaliger Kleinganove, der gerade seinen Abschluss in Jura gemacht hat, kommt nach New York City, um den Tod seines Vaters Joe, eines ruppigen Polizisten, aufzuklären und zu rächen. Mallory (Ugo Bologna), der Chef einer Mafia-Gang, schickt einen Haufen seiner Männer zum Flughafen, die Caputo Junior dort umbringen sollen, wobei sie als maskierte Terroristen auftreten. Es kommt zu einem Massaker, doch Dan gelingt es sich der gesamten Verbrecherbande zu entledigen. Lieutenant Sharp (Jut Grams) und Captain Griffiths (Roberto Giraudo – in der italienischen Sprachfassung Jeffrey?!) verbieten ihm daraufhin den Gebrauch von Waffen und fordern ihn auf, die Stadt zu verlassen. Allerdings ignoriert Dan ihren Befehl und schenkt nicht einmal dem Rat seiner ehemaligen Freundin Susan (Jenny Tamburi) Beachtung, die viele Jahre geduldig auf ihn gewartet hat. Er will das Andenken seines Vaters reinwaschen, da sich Gerüchte verbreiten, der ermordete Polizist habe mit einem Gangster namens Looney Toledo (Renato Montalbano) unter einer Decke gesteckt. Doch alle, die Caputo bei seinem Anliegen helfen könnten, werden einer nach dem anderen eliminiert, darunter auch Toledo und dessen Schwester Belle (Nicole Barthelmy). Dan selbst überlebt eine Reihe von Mordanschlägen und findet schließlich unerwartete Unterstützung in dem schwierig zu deutenden Gangster Duke (Jack Palance). Caputo findet letztendlich heraus, dass Griffiths der Mörder seines Vaters ist, jedoch auf Mallorys Befehl hin gehandelt hat. Dan vernichtet Mallorys Bande und legt Sharp die nötigen Beweise vor, während Duke Mallorys Platz als neuer Boss einnimmt.

Alfonso Brescia (als Al Bradley gelistet) ist tatsächlich als ein Regisseur für beinahe alle Gelegenheiten zu bezeichnen. Nach einer Karriere, die Schwert-und-Sandalen-Epen (La rivolta dei pretoriani / Der Aufstand der Prätorianer), Western (Killer calibro 32 / Stirb oder töte!), Kriegsfilme (Uccidete Rommel / Antreten zum Verrecken), gialli (Ragazza tutta nuda assassinata nel parco / Naked Girl Killed in the Park), Erotikstreifen (Nel labirinto del sesso / Im Labyrinth der Sexualität), derbe Komödien (Le calde notti di Don Giovanni / Sein Schlachtfeld war das Bett), Abenteuerfilme für Kinder (Zanna Bianca e il cacciatore solitario / Von Wölfen gehetzt) und zahllose Hybride (Elena sì… ma di Troia / Zwei Halunken stürmen Troja, eine abgründige komisch-erotische Version von Homers Odyssee) beinhaltete und mit einer Reihe von Star Wars inspirierten Weltraumopern schon bald den Bereich der Science-Fiction erforschen sollte, versuchte er sich zunächst im Krimi-Genre. Blut eines Bullen unterscheidet sich jedoch stark von zeitgenössischen poliziotteschi. Zuerst einmal sind die Charaktere und die Kulisse amerikanischer Natur, wobei New York City mit Archivmaterial und ein paar Außenaufnahmen von Luigi Montefiori (alias George Eastman) in einem Taxi oder beim Herumwandern in der Stadt eher schlecht repräsentiert wird, während der größte Teil des Films in den römischen De Paolis Studios gedreht wurde und einige der am deutlichsten nicht-amerikanischen Interieurs seit Demofilo Fidanis Mafiafilmen aus dieser Periode (z.B. La legge della Camorra / Pate der Bronx, 1973) aufzuweisen hat.

Obwohl der verstorbene Vater des Helden allem Anschein nach ein harter Polizist gewesen sein muss (etwas, das man in einer Rückblende bemerken kann, in der er seinen heranwachsenden Sohn brutal zusammenschlägt), gibt es in dieser milden whodunit-Handlung keine Spur des städtischen Unbehagens aus ähnlichen poliziotteschi zu entdecken. Brescia bemüht sich zwar sehr den klassischen film noir nachzuäffen, doch das Ergebnis kommt viel eher wie eine Neuauflage eines übrig gebliebenen Drehbuchs eines Western rüber – beginnend mit dem Spitznamen („Knell“ = Totenglocke) und der Charakterisierung der Hauptfigur. Das Endergebnis gestaltet sich dabei eher schlecht als recht. Die Gewalt offenbart sich dem Publikum genauso augenfällig wie lächerlich, beginnend mit der Eröffnungssequenz am Flughafen, wo ein Haufen von Gangstern (die als Terroristen verkleidet sind und Eishockeymasken tragen) eine ganze Menge an Passagieren als Geiseln nehmen, um den auf sich allein gestellten Knell erledigen zu können (eine der überspanntesten Ideen des Films) – eine Szene, die in einem schwach temporierten Schusswechsel gipfelt. Statisten werden mit einer alarmierend hohen Rate abgefertigt, mit den üblichen Sprüngen und Verrenkungen, die ein Markenzeichen italienischer Stuntmänner in schlechten italienischen Filmen repräsentieren, während Knell eine Schwäche für explodierende Munition an den Tag legt.

Sogar eine mechanische Mickey Mouse Puppe wird in einen Sprengsatz verwandelt, in einer Sequenz, die beinahe wie eine unbeabsichtigte Parodie auf einen berühmten Moment in Dario Argentos Profondo Rosso (1975) erscheint. Der Bodycount entwickelt sich zu einem zusätzlichen Lachfaktor und im ersten Drittel des Films tauchen Susan sowie Captain Griffiths unabhängig voneinander in Knells Wohnung auf und behaupten Schüsse gehört zu haben – während sich die restliche Polizei anscheinend überhaupt nicht darum kümmert. Um das Geschehen aufzupeppen, schneidet Brescia sogar zwischen einer Verfolgungsjagd in einem (scheinbar labyrinthischen) Keller und der Striptease-Tänzerin Belle Toledo hin und her, die in einem Nachtclub darüber blankzieht. Die komplette Nacktheit der Stripperin antizipiert die anschließende Schießerei mit einem Schnitttrick, der die Attitüde des italienischen Populärkinos der damaligen Zeit ziemlich genau zusammenfasst.

Der Dialog ist als ähnlich albern zu beschreiben. Als der Ganove Duke (Jack Palance, der so hölzern wie ein ausgestopfter Vogel agiert) Knell fragt, ob er seine Heimatstadt verändert vorgefunden habe, antwortet der Held: „Nein, sie hat ziemlich an Glanz verloren. Es ist wie bei einer alten Hure, nichts mehr los mit ihr.“ Jim Thompson wäre vor Scham errötet. Die Produktplatzierung ist als einzige Konstante des Films zu bezeichnen: J&B-Flaschen sind in jeder Ecke ersichtlich. Brescias folgende Einträge innerhalb des Genres würden den Regisseur jedoch dazu bringen, sich – mit einer Reihe von neapolitanischen poliziotteschi mit Mario Merola (zum Beispiel I contrabbandieri di Santa Lucia, Da Corleone a Brooklyn, Napoli … serenata calibro 9), die Action und grelles Melodrama mit effektiven Ergebnissen vermischen würden – besser zurechtzufinden.

Bonusmaterial:

  • 16 Seiten Booklet von Christoph N. Kellerbach „George Eastman wütet über die Leinwand“ —> Hier werden Hintergründe zu Blut eines Bullen, dem großen düsteren Multitalent George Eastman und dem Kino des Alfonso Brescia auf interessante Art und Weise präsentiert
  • Exklusives Film-Special „Eastman`s Blood“ mit aktuellem George Eastman – Interview (italienisch mit deutschen Untertiteln, 21 Minuten) —> Dem äußerst sympathischen Herrn Montefiori bei seinen Ausführungen zuzuhören erweist sich, wie gewohnt, als sehr unterhaltsam
  • Exklusiver Audiokommentar von Dr. Kai Naumann —> Wie immer sehr informativ, doch leider passt das Gesagte die meiste Zeit über nicht zu den Bildern, während sich Herrn Naumanns Stimme (im Vergleich zu anderen seiner Audiokommentare) seltsam verändert anhört

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Freigabe: ungeprüft
Fassung indiziert?: Nein
Laufzeit: ca. 100 Min.
Regionalcode: B
Verpackung: Mediabook
Bildformat: 2,35:1 (1080p)
Tonformat: Deutsch (Unbekannt 2.0 Mono), Italienisch (Unbekannt 2.0 Mono)
Untertitel: Deutsch

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https://www.youtube.com/watch?v=P0dG_Ly-6CI

Die Screenshots stammen selbstverständlich nicht von dieser Edition !!!

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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